CF_02_2021_Aktuell
KOMPETENZ
R iehl gehört seit Januar 2019 zum Team der Zent- ralen Notaufnahme (ZNA) des Krankenhauses St. Josef. Notaufnahmen kennt er seit rund 20 Jahren und so bringt er einiges an Erfahrung und Engagement mit: „Es motiviert mich, Menschen, die sich in akuten Notlagen befin- den, als Teil eines Teams helfen zu können. Es ist spannend, wenn man morgens nicht weiß, welche Herausforderungen der Tag so für einen bereithält.“ DenWuppertaler Lesern derWest- deutschen Zeitung (WZ) gewährt er alle vier Wochen einen Einblick in seine täglichen Erlebnisse, die alles andere als alltäglich sind. In seiner ersten Kolumne berich- tet Riehl von einem obdachlosen, alkoholkranken Mann, der immer wieder in der ZNA des Kranken- hauses St. Josef aufschlägt und dessen gesundheitliche Situation insbesondere in den Wintermona- ten dramatisch werden kann. „So
viele Auslegungsmöglichkeiten. Der Rettungssanitäter berichtet, dass der Patient seit einigen Ta- gen erhöhte Temperatur hat und darunter wohl immer mehr ein- trübt, also Bewusstseinsstörun- gen zeigt. Die Ehefrau hat darauf- hin den Hausarzt angerufen, der den Mann dann ins Krankenhaus St. Josef eingewiesen hat. Der Notfallsanitäter hat bei dem Pa- tienten einen Blutdruck von nur 95/60 mm Hg gemessen, weshalb er ihm eine Infusion angehängt hat. Normal wäre ein Blutdruck von ca. 120/80 mm Hg. Im Schock- raum bestätigen sich die gemes- senen Werte. Körpertemperatur 39° C, Blutdruck 90/60, Atemfre- quenz weit über 20 Atemzüge pro Minute. Der Mann reagiert nur auf deutliche Ansprache, die Augen sind geschlossen, er ist nicht orientiert. Die erhobenen Werte
Daniel Riehl
Sepsis (Blutvergiftung) mit Multi- organversagen zu rutschen. Jetzt geht alles sehr schnell, denn die Infektion muss zügig bekämpft werden. Der Patient wird mit ‚Sepsisverdacht‘ als schwerer Fall orange eingestuft (triagiert) und muss innerhalb von zehn Mi- nuten von einem Arzt untersucht werden. Bis dahin arbeitet die Pflege das ‚Standard-Operation-
einen kalten und dennoch lebenden Menschen habe ich noch nicht ge- sehen“, beginnt er seinen Bericht über
Procedure‘ (SOP) für die Sepsis ab: Es wird Blut abge- nommen, der Urin wird untersucht und noch weitere
Es motiviert mich, Menschen die sich in akuten Notlagen befinden, als Teil eines Teams helfen zu können.
Infusionen angehängt. Spezielle Blutkulturen werden angelegt um herauszufinden, woher die Infekti- on kommt und welche Keime das Blut des Patienten vergiften. Zu diesem Zeitpunkt ist Riehl schon auf dem Weg zum nächsten Pati- enten, um sich zügig einen Über- blick über dessen Beschwerden zu verschaffen und die erforder- lichen Maßnahmen einzuleiten. (C.N.)
die Stabilisierung des Mannes, der ohne ärztliche Hilfe und den Einsatz eines Defibrillators wohl nicht überlebt hätte. Ein anderer Notfall: Ein Patient wird vom Rettungsdienst eingelie- fert. Die Krankenhauseinweisung seines Hausarztes attestiert ihm einen ‚reduzierten Allgemeinzu- stand‘. Diese Einweisungsdiagno- se ist sehr unpräzise und erlaubt
erhärten den Verdacht, dass der Patient einen positiven ‚qSOFA- Score‘ hat. Dieser Score kann zur ersten Einschätzung in Not- aufnahmen bei Verdacht auf eine Infektion angewendet werden. Konkret bedeutet das: Der Pati- ent läuft Gefahr, in eine schwere
CellitinnenForum 02 | 2021
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