Cellitinnen 1_2020
Editorial
Liebe Leserinnen, Liebe Leser, Vielleicht geht es Ihnen ja auch so: Wenn ich mir Fotos aus meiner Kind- heit und Jugend anschaue, denke ich: „Mensch, das ist doch gefühlt erst gestern gewesen.“ Für meine Kinder dagegen ist diese Zeit der Schlaghosen, farbenfroh großgemusterten Tapeten und Bonanza-Fahr- räder Lichtjahre entfernt. Dabei weiß ich noch wie heute, wie gerne ich eben dieses Fahrrad mit dem Bananensattel und der Dreigangschaltung gehabt hätte – damals das Nonplusultra auf dem Markt und Herzens- wunsch jedes kleinen Jungen. Heute dagegen würde ein Bonanza-Rad unter dem Weihnachtsbaum bei einem Zehnjährigen wohl einen Sturm der Empörung auslösen. Moderne Mountain-Bikes mit mindestens zehn Gängen haben meinem Kindheitstraum längst den Rang abgelaufen.
Ähnliches werden die Schwestern der Cellitinnen zur hl. Maria, im Ruhestand lebende Ärzte oder Kranken- schwestern denken, wenn sie sich Bilder ihrer alten Wirkungsstätten ansehen: Was heute als Neuheit auf dem Markt der Medizintechnik zu haben ist, gehört morgen zum ‚alten Eisen‘. In der jeweiligen Zeit jedoch ist man stolz auf das neue, meist sündhaft teure Gerät, hält es in Bildern fest und zeigt es her. Das Schicksal wird auch uns ereilen, wenn nachfolgende Generationen über den High-Tech-OP-Roboter Da Vinci schmunzeln so wie wir über die Ausstattung eines Operationssaals in den 1950er Jahren. Und auch die Krankenschwestern in ihren adretten Uniformen wirken etwas aus der Zeit gefallen. Doch, und das zeigen die Fotos sehr deutlich, zu jeder Zeit waren die Pflegenden stolz auf ihren Beruf und ein guter Teamgeist war und ist ihnen wichtig. Und was erst bedeutete ‚Früher‘ für die Bewohner unserer Senioreneinrichtungen? Kaum aus den Kinder- sachen herausgewachsen, begann für viele von ihnen mit der Lehrzeit ‚der Ernst des Lebens‘. Doch was uns heute sehr hart vorkommt, war für die Teenager der späten 1940er bis Mitte 1960er Jahre normal. Ebenso normal war es, dass bis in die 1990er Jahre hinein die Altenpflege eher als Krankenpflege verstanden wurde. Die Seniorenhaus GmbH gehörte damals mit zu den ersten Unternehmen, die den Begriff ‚Altenheim‘ ablegte, nicht mehr von ‚Insassen’, sondern von Senioren sprach und die Bedürfnisse der Bewohner ganzheitlich berück- sichtigte. Doch auch hier hieß und heißt es, mit der Zeit zu gehen, sich ständig zu prüfen, neue Konzepte zu entwickeln – bis sich nachfolgende Pflegende- und Ärztegenerationen irgendwann Fotos von 2020 ansehen und sagen werden: „Früher…“
Ich wünsche Ihnen eine impulsgebende Fastenzeit und frohe Ostertage!
Ihr
Thomas Gäde Geschäftsführer der Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria
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CellitinnenForum 1/2020
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