Cellitinnen 2_2016-3
Glauben | Leben
Menschen auf der Flucht Meditation von Dr. Marianne Breuer
Heute sind Millionen Menschen auf der Flucht. Manch einer von uns erinnert sich noch an das Flücht- lingselend im Zweiten Weltkrieg. Aber heute ist die Welle viel größer. Papst Franziskus hat wenige Mo- nate nach seiner Amtsübernahme Bootsflüchtlinge aus Afrika auf der Insel Lampedusa besucht und mit ihnen gesprochen, gebetet. Für das Jahr 2016 hat er das Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen. Flüchtlinge kommen aus dem Irak. Sie sind geflohen vor dem Terror und Verfolgung durch den ‚Isla- mischen Staat‘. Sie fliehen vor den Grausamkeiten des Bürgerkrieges in Syrien. Viele kommen aus Af- ghanistan. Afrikaner haben sich auf den Weg gemacht, kommen über das Mittelmeer vor allem aus Eritrea und Somalia, wo massive Diktaturen herrschen. Alle haben ihre Heimat verlassen, oft nur das nackte Leben gerettet. Skrupel- lose Schleuserbanden, Kriminelle treiben ihr Unwesen. Wie stehen wir als Christen zu Flüchtlingen, insbesondere bei uns in Deutschland? Wir sind in die Verantwortung genommen. Das Wohl der Flüchtlinge ist für uns Herzenssache. Es ist klar: Wir brauchen die Flüchtlinge in einem Land mit Altersanstieg und Ge- burtenrückgang, in einem reichen Land. Schon in der Bibel ist öfter von Fluchtgeschehen die Rede. Zwei Beispiele: Etwa 1.000 v. Chr.
reitgestellte Gebäude angezündet werden.
flieht das Volk Israel aus Ägypten aus der Sklaverei des Pharao. Es wird geführt von Mose. Gott geht mit dem Volk, gibt ihm Manna in der Wüste (Ex 12–18). Als Jesus zwei Jahre alt war, flohen seine Eltern mit ihm nach Ägypten, denn Herodes plante einen Kindermord. Ein Engel hatte sie gewarnt (Mt 2,13–15). Gott ist mit den Fliehen- den. Jesus gibt uns viele Hinwei- se, wie wir mit den Flüchtenden umgehen sollen. So sagt er: „Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe (Joh 15,12). Liebe deinen Nächsten wie dich selbst (Gal 5,14). Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder ge- tan habt, das habt ihr mir getan (Mt 25,40).“ An anderer Stelle heißt es: „Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gege- ben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen“ (Mt 25,35). Paulus sagt: „Einer trage des anderen Last; so wer- det ihr das Gesetz Christi erfüllen“ (Gal 6,2). Wir sollen also auf die ankom- menden Migranten zugehen, auf jeden, gleichgültig welcher Kultur, Nation oder Hautfarbe. Vorurteile muss man überwinden. Ausländer- feindlichkeit ist unchristlich. Es ist verheerend, dass in Deutschland immer wieder für Flüchtlinge be-
Die ankommenden Flüchtlinge brauchen Unterkunft, Kleidung, Lebensmittel. Oft brauchen sie psychologische Betreuung. Vor ihren Augen liegen oft Bilder des Grauens, sie sind von Ängsten ge- peinigt, insbesondere die Kinder. Später sind Sprachunterricht, Bil- dung, Schulen, Arbeitsstellen ge- fragt. Diese Versorgungen werden von staatlichen Stellen, caritativen Organisationen, Kirchen übernom- men. Aber Flüchtlinge bedürfen auch der persönlichen Hinwen- dung. Für uns Christen sind sie Brüder und Schwestern. Man kann Wegbegleiter für Kinder werden. Man kann Flüchtlinge auf ihrem Weg zu den Ämtern begleiten, wo sie große Sprachschwierigkeiten haben. Unsere christliche Verantwortung und unser Anliegen ist es immer wieder, von Herzen für diese Men- schen da zu sein. Wir wollen immer wieder für die Flüchtlinge weltweit und für die in unserer Nähe beten. Sie alle sind Menschen in der Not, die Kreuze tragen. So sind sie mit Gott verbunden, ob sie es wissen oder vielfach nicht wissen. Beten wir, dass er sich ihrer annimmt, sich erbarmt. Sind wir Werkzeug seiner Liebe. So können wir sagen: Christus lebt in uns. Er ist allen Fliehenden und denen, die ihnen helfen, nahe.
CellitinnenForum 2/2016 33
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