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Das Leben nehmen, wie es ist Aus der Reihe: Lebenswege

denschaft: Die Liebe zu Bü- chern. Beson- ders Sachbü- cher hatten es ihm angetan. Nach sehr gut bestandenem Abitur sah sein Vater für Ioan- nis den Brot- erwerb in der Landwirtschaft vor – viele Al- ternativen gab es damals auf Thassos auch nicht.

Mit 39 Jahren traf er dann Margit- ta. Die damals 32-jährige Lehrerin krempelte das Leben des bis da- hin überzeugten Junggesellen or- dentlich um. Die beiden heirateten und bekamen einen Sohn. Ioannis machte eine Umschulung zum Elek- trogerätemechaniker, fand aber kei- nen Job und führte dann zweimal ein kleines Lokal, während sie weiterhin ihren Beruf ausübte. Soweit es seine Zeit zuließ, kümmerte er sich liebevoll und geduldig um den Sohn. Die Ehe baute auf Liebe, Respekt und das Einsehen, dass man erwachsene Menschen nicht mehr ändern kann. „Hausarbeit war für meinen Mann, wie für alle griechischen Männer seiner Generation, zunächst kein Thema“, erzählt Margitta Raxenidis. „Dafür hat er aber gerne und sehr gut gekocht und später durchaus auch den Staubsauger in die Hand genommen.“ In der Familie durfte jeder seine Freiräume haben. „Mein Mann fuhr auch mal alleine oder nur

Ioannis Raxenidis als junger Mann auf Thassos

Hinaus in die Welt

Hohe Berge, traumhafte Sand- strände, stille Olivenhaine und un- berührte Natur – ein Paradies, für das schon Königssohn Thassos die Suche nach seiner von Zeus ent- führten Schwester Europa aufgab. Er ließ sich nieder und gab dem Fleckchen Erde seinen Namen: Thassos, die nördlichste bewohnte Insel der Ägäis. 1940 kam hier Ioannis Raxenidis zur Welt. Seine Mutter starb kurz nach der Geburt, sein Vater war Imker, und Ioannis half ihm schon früh bei der Arbeit mit den Bienenstöcken. Der Junge war clever und durfte nach der Grundschule das Gymna- sium auf dem Festland besuchen, was damals nicht selbstverständ- lich war. Neben der Liebe zur Natur entwickelte er dort eine weitere Lei-

Doch der Sohn hatte andere Pläne und machte sich auf ins ferne Ös- terreich, um dort zu studieren. Die Zeit während der Militärdiktatur in Griechenland (1964 – 1974) ver-

brachte er in Graz, München und Duisburg wo er sich mit Gelegen- heitsjobs durch- schlug, wie in den sechziger und siebziger Jahren so viele der so- genannten Gast- arbeiter. Ioannis Raxenidis arbeite- te viel, las viel und nahm das Leben an, wie es kam.

Vater und Sohn

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