Cellitinnen 3_2016

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Flüchtlinge waren dem Ertrinken nahe – da kam Hilfe. Rupert Neu- deck kreuzte mit der Cap Anamur vor der Küste und rettete die Fa- milie, wie viele andere, vor dem sicheren Tod. Viele Jahre später, 2013, begegnen sich Dr. Nguyen und sein Lebens- retter wieder, als Arzt und Patient in der Kardiologie des St. Vinzenz- Hospitals. Das Herz des unermüd- lichen Menschenrechtsverfechters ist geschwächt. Am 31. Mai 2016 hat es aufgehört zu schlagen. In den Herzen vieler Vietnamesen wird Rupert Neudeck weiterleben. Dr. Nguyen, erzählen Sie uns von der Begegnung mit Rupert Neu- deck! Wie war es, Ihren Lebens- retter nach so vielen Jahren wieder- zusehen? Ich habe Rupert Neudeck schon öfter gesehen. Er war immer ein gern gesehener Gast bei unseren vietnamesischen Festen, wie bei- spielsweise unserem Neujahrsfest. Aber da war ich einer von vielen und habe ihn nur aus sehr weiter Ferne gesehen. Richtig kennenge-

Das war natürlich aufregend, mit meinem Lebensretter in die Heimat zurückzukehren. Er hatte großes Interesse daran, uns zu begleiten und nach 35 Jahren wieder in das Land zu reisen, um dort zu erle- ben, wie es den Vietnamesen heute geht. Wir besuchten eine Kranken- station imMekong-Delta, die durch die Grünhelme, eine humanitäre Organisation, die Rupert Neudeck gegründet hat und deren Vorsit- zender er bis 2013 war, errichtet wurde. Diese Station gewährleistet die medizinische Basisversorgung in der Region. Ich bin froh, dass wir diese gemeinsame Reise gemacht haben. Nach seinem Tod komme ich mir, gemeinsam mit den vielen Menschen, die Rupert Neudeck be- gegnet sind und seine einzigartige stets hilfsbereite kompromisslose humanitäre Persönlichkeit ken- nengelernt haben, einsam vor. Wir haben unseren geistigen Vater und unser Vorbild verloren. Rupert wird uns allen fehlen, seine Begeiste- rungsfähigkeit, seine Geradlinigkeit, sein Langmut, seine Selbstlosig- keit. Er wird immer einen Platz in unserem Herzen einnehmen.

lernt habe ich ihn erst, als er 2013 zur Behandlung in unsere Klinik kam. Waren Sie bei der Behandlung auf- geregt? Rupert Neudeckwar und ist für mich ein ganz besonderer Mensch, mein geistiger Vater und unser aller Vor- bild. Ohne ihn wäre ich nicht mehr am Leben. Ihm habe ich zu ver- danken, dass ich heute in Deutsch- land bin und auch Menschen helfen kann. Natürlich ist man dann erst aufgeregt, aber bei der Behandlung selbst überwiegt die Konzentration auf die Arbeit. Getreu dem Motto von Rupert: Einfach machen, ohne viel Aufheben, einfach tun, was zu tun ist. Sie haben eine enge Bindung zu Vietnam und fahren mindestens einmal im Jahr hin, um den wis- senschaftlich-medizinischen Aus- tausch zu pflegen. Ende 2014 hat Sie neben Chefarzt Dr. Wolfgang Fehske auch Rupert Neudeck begleitet. Wie war es für Sie, mit ihm gemeinsam nach Vietnam zu reisen?

Herzschmerz Wir werden nicht gefragt, wann wir Abschied nehmen müssen

Ein strahlender Oktobertag im Herbst 2014. Petra Leinen (53), Bereichsleitung Hausservice im Seniorenhaus Heilige Drei Könige, ahnt nicht, dass sich ihr Leben an diesem Tag dramatisch und schmerzhaft ändern wird. Zuhause

in Bornheim verabredet sie mit ih- rem jüngsten Sohn Martin (25), ihm, nach einem Besuch im Friedwald bei ihrer verstorbenen Freundin Ka- rin, beim Verkauf seines Motorrads zu helfen. Der Sohn drückt sie noch beim Verabschieden und sagt: „Sei

stark! Karin geht es jetzt gut.“ Sie drückt ihn an sich, und antwortet: „Ich hab dich lieb.“ Auf demRückweg von Münstereifel nach Bornheimmuss sie einen Um- weg fahren, weil in Höhe Brenig ein

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