Cellitinnen 3_2017

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Familie nach einer Trauerfeier und einem Ort zum Trauern.

mit Todesanzeigen. Wir waren so berührt, wie viele ihn mochten.“

mit der Nachricht: „Ich muss euch was sagen: Der Rainer ist tot.”

Die meisten Menschen jedoch wer- den unmittelbar und unvorbereitet mit dem Tod und Begräbnis eines lieben Angehörigen konfrontiert und müssen sich dann auf die Unter- stützung der Bestattungsexperten verlassen. Wenn sie Glück haben, hat der Verstorbene vorgesorgt und seinen letzten Willen hin- terlegt, denn oft ist der Schmerz so groß, dass „es einem fast egal ist, was passiert, Hauptsache, wir bringen es hinter uns”, so ein trau- ernder Angehöriger. Die meisten sind sich einig, dass das Begräb- nis würdig sein soll, angemes- sen, nicht billig, aber auch nicht unbezahlbar. Annemie und Jacob Stein aus Nip- pes haben diesen Prozess durch- leben müssen, als ihr Sohn Rainer plötzlich und unerwartet nicht mehr erwachte. Aus ihrer Lieblingskirche St. Bartholomäus in Köln-Bicken- dorf kommend, wo Annemie Stein jahrzehntelang Pfarrsekretärin war, überraschte sie der jüngere Sohn Planen über den Tod hinaus

Die Stunden danach sind Anne- mie Stein nicht mehr deutlich in Erinnerung. Sie ist zusammen- gebrochen bei der Todesnachricht, hatte sich aber am nächsten Tag schon aufgerafft, um gemeinsam mit der Schwiegertochter den toten Ältesten im Bestattungsinstitut zu sehen. „Er sah überhaupt nicht wie ein Toter aus, noch braungebrannt vom Segelurlaub, im feinen An- zug“, erinnert sie sich. Auch jetzt, ein Jahr danach, ringt sie mit dem Schmerz. „Ich habe zu ihm gesagt: Mach doch bitte die Augen auf. Aber er tat es nicht.“ Die Situation im Bestattungsinstitut hat Anne- mie Stein als wohltuend in dieser traumatischen Situation erlebt. Zum Glück hatte der 53-Jährige sich ein Jahr vorher anlässlich der Beiset- zung eines Freundes gewünscht, im Erinnerungsgarten auf Melaten in Köln begraben zu werden. Und Familie wie auch alle Freunde dabei zu haben. „Das war eine riesige Beerdigung“, sinniert Annemie Stein, „bestimmt 500 Menschen. Alle wollten sich vom Rainer ver- abschieden. Und eine ganze Seite

Die schmerzliche Erfahrung hat An- nemie und Jacob Stein verändert. Beide sind bodenständig, nicht schnell aus der Ruhe zu bringen. Die Liebe zur Familie trägt durch je- den Tag. Dennoch hat der Gedanke sie erschüttert, wie schnell es ge- hen kann mit dem Sterben: „Dann wussten wir ja, dass unsere Bar- tholomäuskirche zur Grabeskirche umgewidmet wurde. Manchmal finden da auch noch Gottesdienste statt. Da wollen wir begraben wer- den.“ Nach einem langen Gespräch mit der Beraterin entschlossen sich die Steins zur Komplettlösung: Als altes Ehepaar wählten sie ihren Platz nebeneinander und regelten gleichzeitig alle Wünsche für ihre Beisetzung. „Und alles schon be- zahlt“, sagt Annemie Stein, „das ist ein gutes Gefühl, alles geregelt zu haben.“ Was sie am Schönsten findet an der Grabeskirche? Da muss sie nicht lange überlegen: „Dat mir dä Rainer widder sinn“, sagt sie leise und liebevoll.

Maria Adams Mitarbeiterseelsorgerin

12 CellitinnenForum 3/2017

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