Cellitinnen 3_2017
Kultur | Freizeit
Fangfrisch zum Verzehr
Trennung der Spreu vom Getreide
der nichts anderes enthält als eine weißliche Steinsäule. Erst beim ge- nauen Hinschauen erkannten wir, dass sie beschriftet ist, und zwar in Altsüdarabisch, Altäthiopisch und Griechisch. Am frühen Morgen des nächsten Tages flogen wir nach Lalibela (2.500 m ü.M.), der Stadt, die den Namen eines Königs trägt. Die Le- gende erzählt, dass König Harbay seinen jüngeren Bruder vergiften wollte. Dieser sei aber in einen drei- tägigen Traum gefallen, in dem ihm Gott erschien und ihm auftrug, ein neues Jerusalem in Äthiopien zu bauen. Nach dem Erwachen soll ihn ein Bienenschwarm umschwirrt haben. Daraufhin erhielt er den Na- men Lalibela, was so viel wie ,die Bienen erkennen seine Herrschaft an‘ bedeutet. Harbay dankte ab, Lalibela wurde zum König gekrönt und erbaute insgesamt elf Kirchen. Weiter heißt es in der Legende: tagsüber bauten die Menschen, nachts die Engel.
gewaltige Basilika, deren Inneres durch vier Pfeilerreihen in fünf Schiffe aufgeteilt ist. Durch einen acht Meter langen Tunnel gelangten wir zur Kirche Beta Maryam, die außen schlicht gehalten, im Inneren aber reich ausgeschmückt ist. Über dem Haupteingang befindet sich ein plastisches Relief, das zwei Lanzenreiter mit einem Drachen und einem Greifvogel zeigt, was für die äthiopische Kunst außer- gewöhnlich ist. Im Hof stehen drei frühchristliche Taufbecken, die auch heute noch beim Timkat-Fest eine wichtige Rolle spielen. Danach statteten wir der Doppel- kirche Bete Mikael und Golgatha einen Besuch ab. Bete Mikael ist ein an drei Seiten freistehender Monolith, daran schließt nahtlos Bete Golgatha an, wo Frauen der Zutritt nicht gestattet ist. Von unse- ren männlichen Mitreisenden wurde berichtet, dass an den Wänden Halbreliefs von sieben lebensgro- ßen Heiligen stehen. Bei einem der Heiligen könnte es sich um König Lalibela handeln, der nach seinem Tode heiliggesprochen wurde. In einer vergitterten Nische befindet sich das Relief einer Figur, zu des- sen Füßen ein Engel kniet. Es sym- bolisiert das Grab Christi.
Nachmittags war der Besuch der Bete Gyorgis angesagt. Diese liegt etwas isoliert imWesten der beiden Kirchengruppen, sodass wir eine Weile marschieren mussten, vorbei an einem Friedhof mit Blick ins Tal und auf zweistöckige Rundhütten. Verborgen in einem tiefen Schacht liegt die Georgs-Kirche. Sie hat die Form eines griechischen Kreuzes mit einer gleichmäßigen Ausdeh- nung von zwölfeinhalb und einer Höhe von zehneinhalb Metern. Die Dekoration des Daches wiederholt dreimal das griechische Kreuz. Auf einem dreistufigen Sockel erhebt sich der Bau, dessen Fassade in drei Abschnitte geteilt ist: Ein Untergeschoss mit blinden ‚axu- mitischen‘ Fenstern, ein Zwischen- geschoss und ein Obergeschoss mit ‚maurischen‘ Fenstern. Durch einen gewundenen Gang kommt man hinunter in den Hof dieser Kir- che. Auf der rechten Seite des Ein- gangstunnels gibt es einen großen Raummit einemMittelpfeiler, ‚Haus der Armen‘ genannt. Zwischen der Nord- und Südkirchengruppe liegt das trockene Flussbett des ‚Jordans‘. Am frühen nächsten Morgen führte eine mehrstündige Wanderung zu Fuß bzw. teilweise auf dem Rücken
Elf Kirchen
Die erste und größte monolithi- sche Kirche der Welt, die wir be- sichtigten, war die Bete Medhane Alem ,Erlöser der Welt‘. Sie ist eine
62 CellitinnenForum 3/2017
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