Cellitinnen 3_2018_finale_Version 30.7.2018
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Vom Flüchtling zum Kochprofi Die Küche des Heilig Geist-Krankenhauses ist international besetzt
legte sich der junge Mann richtig ins Zeug. Dass aus dem Praktikum eine Ausbildungsstelle zum Koch wurde, stand schnell außer Frage. Die Fa- milie wohnt in der Voreifel und Sag- fan nahm bis zum Erwerb seines Führerscheins täglich drei Stunden Bahnfahren in Kauf – gegen den Willen seines Vaters. „Ich bilde seit mehr als 30 Jahren junge Menschen aus“, meint Nelles, „doch so einen Einsatz habe ich noch nie erlebt.“ Im Frühjahr standen dann die Ab- schlussprüfungen an. „Als ich den Plan für das Drei-Gänge-Menü von Sagfan sah, wurde mir abwech- selnd heiß und kalt, so hoch hatte sich der Kerl die Messlatte für den praktischen Prüfungsteil gelegt“, er- innert sich der Ausbilder. Am Ende des Tages hatte der junge Mann je- doch alle überzeugt. Er bestand als einziger von fünf Prüflingen, und das mit anerkennenswerten 77 Punk- ten. Bis zum Ende des Jahres bleibt der frisch gebackene Koch demKü- chenteam in der Kölner Klinik noch treu. Dann zieht es ihn hinaus in die Welt, um von anderen Köchen und Küchen noch mehr zu lernen, auf seinem Weg zum großen Ziel: dem eigenen (Ster- ne-)Restau- rant.
Sagfan B. mit seinem stolzen Ausbilder Detlef Nelles
Mehr als 40 Lehrlinge hat Detlef Nelles, Leiter und Koordinator der Speisenversorgung der Kölner Cel- litinnen-Krankenhäuser, in rund 30 Berufsjahren mit viel Herzblut bis- her ausgebildet. Für ihn spielt es keine Rolle, ob jemand mit Abitur oder Förderschulabschluss vor ihm steht, oder woher jemand kommt. Viele Auszubildende haben einen Migrationshintergrund, kommen ursprünglich aus europäischen, afrikanischen oder asiatischen Ländern. Wie nebenbei leistet die Küche des Heilig Geist-Kranken- hauses wertvolle Integrationsarbeit und baut Brücken zu den unter- schiedlichen Kulturen. Einer, der von dem ‚Nelleschen Ausbildungsprinzip‘ – Fordern und Fördern – profitierte, ist der 22-jäh- rige Sagfan B. aus dem Irak. Vor
acht Jahren folgte er mit Mutter und fünf Geschwistern dem Vater nach Deutschland. Der hatte dort Asyl gefunden und durfte Frau und Kinder nachholen. Die Familie ge- hört der religiösen Minderheit der Jesiden an, die der Islamische Staat (IS) besonders brutal verfolgte. Als Sagfan in Deutschland ankam, konnte er weder deutsch noch war er mit den hiesigen Gepflogenheiten vertraut. Die Schule fiel ihm schwer, doch Sagfan war ehrgeizig und be- stand den Hauptschulabschluss. Als nächste Herausforderung stand die Berufswahl an. Etwas praktisch Ausgerichtetes sollte es sein. Küche verbindet Kulturen und so bewarb er sich um ein sechsmonatiges Praktikum im Heilig Geist-Kran- kenhaus. Er kam und blieb, könn- te man sagen. Vom ersten Tag an
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CellitinnenForum 3/2018
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