Cellitinnen 4_2014_051114-1

war erleichtert, den Platz zu be- kommen, als aber dann der Tag des Umzugs nahte und ich schließlich ein letztes Mal meine Wohnungstür abschloss, da wurde mir doch flau“, erinnert sich Jo. Der erste Schritt ins Hospiz fällt schwer, das bestätigt auch Frau K., die vor einigen Tagen ihr Patien- tenzimmer im St. Vinzenz-Hospital gegen ein geräumiges Zimmer im Hospiz tauschte. Vor drei Jahren diagnostizierten die Ärzte Brust- krebs. Eigentlich wollte sie nach dem letzten Krankenhausaufenthalt nach Hause. „Das hätte ich aber gar nicht mehr geschafft.“ Das Zimmer- angebot im Hospiz war für sie auf der einen Seite Erlösung, anderer- seits wurde ihr aber auch deutlich, nun tatsächlich nicht mehr viel Zeit zu haben. „Die Erkenntnis nahm mir kurz die Luft weg“, so Frau K. Wie ihr undJogeheesvielenGästen, bestätigt Schwester Doris, doch die meisten fänden sehr schnell ihr in- neres Gleichgewicht und ihren Frie-

den wieder. Jo beispiels- weise sei anfangs sehr verschlossen gewesen. „Er hat viel Gutes, aber auch viel Sch l echtes

Jo mit Schwester Doris (li.) und Martina Mann

erlebt“, erzählt sie und Jo nickt zu- stimmend. „Es hat etwas gedauert, ihn davon zu überzeugen, Frieden mit seinem Leben zu schließen, sich selbst die schlechten Dinge zu vergeben, bevor er geht. Und dann wollte er keine Schmerzmittel nehmen. Nach durchwachten und durchlittenen Nächten haben wir zwei dann mal Hochdeutsch mit- einander gesprochen, nicht wahr, Jo?“ Jo lacht und gibt zu, dass es ihmmit den Medikamenten wesent- lich besser gehe und er sich jetzt hier richtig wohlfühle. „In Köln ge- boren und bald in Köln begraben“, scherzt er. Seinen sechzigsten Ge- burtstag im nächsten April würde er gerne noch feiern. Ob er das

noch schafft, Jo ist da skeptisch. Doch morgen in der Wohnküche ein Stück Käsekuchen ausgeben, mit Schwester Doris in der kom- menden Woche noch ein Feier- abendbier trinken, das sollte drin sein. Und irgendwie muss er noch an eine CD der deutschen Rock- Band Rammstein kommen. Das ist nämlich seine Lieblingsgruppe. Und dann hat er eine Bitte: „Schrei- ben Sie ruhig, dass das Essen hier richtig lecker ist – ja, richtig lecker.“ So, jetzt sei aber wieder Zeit für eine Zigarette, meint er, und fährt mit seinem Rollator Richtung Raucher- zimmer. Martina Mann und Schwester Doris haben das Hospiz 1999 mit auf- gebaut. Auch andere Mitarbeiter sind seit Jahren hier tätig. Wie hält man es aus, tagtäglich Abschied zu nehmen, sich mit dem Tod und den Lebensbeichten auseinanderzuset- zen? Immerhin sterben im Hospiz St. Vinzenz jährlich 130 bis 140 Menschen. Die Pflegedienstleiterin und ihre Kollegin geben zu, dass es Fälle gibt, die ‚unter die Haut‘ gehen; wenn beispielsweise junge Menschen sterben und kleine Kin- der hinterlassen. Doch die Regel sei Aushalten

Hospiz-Gedenkfeier: Der Zug des Lebens

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