Cellitinnen 4_2014_051114-1

Titel Thema

tienten ab, ob sie sich über ihre Situation, unheilbar krank zu sein, im Klaren sind. Einige Hausärzte meiden es, Hiobsbotschaften zu überbringen, und so liegt es dann an uns, den Patienten über seinen Zustand zu informieren. Das und die entsprechenden Aufklärungs- gespräche mit den Angehörigen nehmen viel Zeit und Kraft in An- spruch. Martina Mann: Unsere Gäste wis- sen um ihre sehr begrenzte Lebens- erwartung. Darauf legen wir Wert und besprechen das im Vorfeld auch mit den Angehörigen. Viele sind letztendlich erleichtert, wobei der Schritt über unsere Schwelle noch mal sehr schwerfällt, denn es ist ein endgültiger. Wir sprechen im Hospiz offen über Sterben und Tod. Das sind sehr gehaltvolle Ge- spräche, dabei wird geweint und getröstet, aber genauso gelacht. Dr. Stolz: Wer Angst vor Krankheit und Tod hat, wird dieses Thema immer meiden. Nach Dienstschluss ziehe ich den weißen Kittel aus und setze mich zu den Patienten. Dann reden wir Tacheles. Ich frage sie, ob sie Angst vor dem Tod oder dem Sterben haben. Solche Gespräche können etwas sehr Befreiendes haben.

kümmern und uns Zeit für intensive Gespräche nehmen, dann sind sie auch wieder bereit, ihr Leben zu Ende zu leben. Dr. Stolz: Die Erfahrung haben wir auch gemacht. Viele unserer Pa- tienten fassen wieder Mut, wenn wir sie schmerztherapeutisch ein- gestellt haben. Daran sieht man, wie schnell Menschen ihre Meinung ändern können. Sie möchten mit den Schmerzen nicht mehr wei- terleben, mit Alternativen schon. In extremen Fällen bieten wir den Pa- tienten an, sie palliativ zu sedieren, das heißt in einen tiefen Schlaf zu schicken. So gönnen wir ihnen eine Pause. Ich bin der Meinung, jeder Mensch braucht die Zeit, die ihm bleibt, um sich zu verabschieden. Martina Mann: Wir arbeiten völlig getrennt voneinander. Die Ärzte, die unsere Gäste betreuen, sind Hausärzte mit der Zusatzqualifikati- on Palliativmedizin, keine Kranken- hausärzte. Im Notfall, den es bei uns allerdings so gut wie nie gibt, wäre Dr. Stolz unser Ansprech- partner. Dr. Stolz: Wir sind froh, dass der Neubau des Hospizes auf dem Krankenhausgelände stehen wird. Oft schicken wir Patienten auf einen Besuchstermin zu Frau Mann, da- mit sie ihre Angst verlieren. Das wird nun auch weiterhin möglich sein. Haben die Palliativstation und das Hospiz viele Berührungspunkte?

das Lebensende waren in meiner Familie normal. Die Mitarbeiter des Hospizes nehmen regelmäßig an Supervisionen teil. Sie haben ge- lernt, durch einen Ausgleich Kraft- quellen zu nutzen. Außerdem sind wir ein eingespieltes Team, das sich untereinander gut versteht. Das hilft. Dr. Stolz: An Supervisionen nehmen wir auch teil. Was aber noch viel wichtiger ist: Auf der Palliativstation im St. Vinzenz-Hospital arbeiten hervorragende Pflegekräfte, die genau dort arbeiten möchten. Wir sind ein gutes Team und können uns so gegenseitig stützen. Sie arbeiten bei einem katholischen Träger. Wo spürt man das Christ- liche? Dr. Stolz: Wir stehen in engem Kon- takt zum Ethikteam und zu unse- rem Krankenhausseelsorger Georg Menne. Diese Möglichkeiten haben andere Häuser vielleicht nicht in diesem Maße. Martina Mann: Das Ethikteam bietet gute Hilfen bei der Positionierung von Themen, wie beispielsweise der Sterbehilfe. Gutes Stichwort: Was halten Sie von der Forderung „das Recht ha- ben zu sterben, wann ich es will“? Martina Mann: Einige kommen zu uns und der Lebensmut hat sie verlassen. Sie wollen niemandem mehr zur Last fallen. Wenn sie dann merken, wie wir uns um sie

Sterben und Tod täglich vor Augen. Wie kommen Sie damit klar?

Martina Mann: Das Thema Tod war für mich nie ein Tabu. Mein Vater war Tischler, hat also auch als Be- statter gearbeitet. Gespräche über

Vielen Dank für das Gespräch.

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