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Das Alter meistern Ein Prozess aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet

Stutenbäumer: Ich beobachte in unserer Einrichtung, dass mehr Menschen ohne Not unsere Be- ratungstermine aufsuchen, die Möglichkeiten abwägen und ihre Zukunft planen. Das kann ich nur jedem empfehlen, denn Planung gibt Sicherheit. Gehen wir noch einen kleinen Schritt zurück: Plötzlich steht die Rente vor der Tür! Wie sieht ein zufriedener Lebensabend aus? Jahnz-Blumberg: Das Rentner- dasein will geübt sein. Wer immer nur für seinen Beruf gelebt und die restliche Zeit vor dem Fernseher verbracht hat, wird Schwierigkeiten haben, die viele Freizeit sinnvoll zu nutzen. Stutenbäumer: Man sollte frühzeitig Prioritäten setzen undWeichen stel- len, um nicht anderen Menschen, oft den Kindern, die gesamte Ver- antwortung für das eigene Leben zu übertragen. Jahnz-Blumberg: Ich habe ältere Menschen kennengelernt, die das Sprechen verlernt hatten. Ihnen fehlten soziale Kontakte. Wie sich körperliche Berührung, beispiels- weise die Hand eines Kindes an- fühlt, hatten sie völlig vergessen. Welche Rolle spielt das Thema Ein- samkeit im Alter?

v.li Dr. Anette Welz-Barth, Marc Stutenbäumer, Susanne Bieber, Monika Großhennrich, Schwester Paula und Schwester Lioba, Monika Jahnz-Blumberg

Das Alter hat viele Facetten und lässt sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Die Re- daktion des CellitinnenForums interessierte sich für die medizini- sche und die spirituelle Perspektive und holte die Spezialisten an einen Tisch. Fragt man die ältere Generation nach ihren Wünschen, so geben viele Senioren an, so lange wie möglich selbstständig leben zu wollen. Welz-Barth: Das ist ein schöner Gedanke, doch darauf sollte man sich nicht verlassen. Nicht selten ist nach einem Klinikaufenthalt an eine Rückkehr in die eigenen vier Wände nicht mehr oder nicht so- fort zu denken. Wir erleben, dass die Wenigsten einen Plan B haben. Die Angehörigen sind dann ebenso überfordert wie der Patient.

Großhennrich: Das stimmt. In vielen Fällen gibt es im Anschluss an den Klinikaufenthalt kein Krankheits- sondern ein Versorgungsproblem. Alle verlassen sich darauf, dass die Klinik eine Lösung finden wird. Jahnz-Blumberg: Viele verdrängen die Risiken in dieser Lebensphase. Sie wissen, dass das Ende näher kommt und tabuisieren das Thema. Eigentlich müssen wir die Ange- hörigen dafür sensibilisieren, mit den Eltern einen Präventivplan zu entwickeln. Müssen wir das Altwerden außer- halb der vertrauten Wohnung oder der Familie noch üben? Sr. Lioba: Viele Menschen haben lei- der ein falsches Bild von Senioren- einrichtungen. Die Kurzzeitpflege ist eine gute Möglichkeit, mal in einem Seniorenhaus ‚zu schnuppern‘.

Sr. Paula: Gegen die Einsamkeit hilft der Umzug in eine Senioreneinrich-

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CellitinnenForum 4/2018

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