CellitinnenForum 1_2019

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Sanft wegschlummern Das 19. Jahrhundert revolutionierte die Narkose- und Schmerzbehandlung

„Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, so- dass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch.“ (Genesis, 2,21 f.) Die Operation an Adam sollte bis 1842 hinein der letzte schmerzfreie Ein- griff in einen menschlichen Körper sein. Nach der Vertreibung aus dem Paradies unterwarfen sich die Men- schen nur im absoluten Notfall dem Messer der Bader und Chirurgen. Zu grausamwaren die Schmerzen, zu ungewiss die Überlebenschan- ce. Zwar kannten unsere Vorfahren einige Methoden zur Ausschaltung des Schmerzes wie die Kompres- sion der Blutgefäße am Hals oder einen gründlichen Aderlass – bei- des wurde bis zur Bewusstlosigkeit des Patienten ausgeführt, bevor der Chirurg seine blutige Arbeit auf- nahm. Lokale Anwendung fanden die Aderpresse, mit deren Hilfe der Blutfluss gestaut und die Nerven abgebunden wurden, oder Eis, dessen schmerzlindernde Wirkung in der Chirurgie ebenfalls von Nut- zen war. Und auch die Wirkung des Schlafmohns oder anderer pflanz- licher Substanzen war seit der Steinzeit bekannt. Doch ob Zähne gezogen oder Gliedmaßen ampu- tiert wurden: In der Regel mussten einige kräftige Männer den Kranken festhalten oder er wurde auf einem Stuhl oder Tisch festgebunden, da- mit der Operateur sein Handwerk möglichst schnell erledigen konnte. Nach dem Eingriff war die Tortur noch nicht vorbei. Dann nämlich

drohten schlimme Wundschmer- zen, weiterer Blutverlust und In- fektionen, hervorgerufen durch mangelnde Hygiene. Fast glücklich konnten sich im Mittelalter unter den gegebenen Umständen dieje- nigen schätzen, die nicht an einen Quacksalber gerieten, sondern sich in klösterlichen Hospitälern fach- kundig behandeln lassen und mit schmerzstillenden pflanzlichen Heil-

mitteln versorgen konnten. 90 Pro- zent der Operierten überlebten die Eingriffe übrigens nicht. Ob man die Schuld an den Schmerzen höheren Mächten in die Schuhe schob, ihren Grund in einem disharmonischen Verhältnis der Körpersäfte sah, sie als Quittung für die Erbsünde inter- pretierte oder sie, wie schließlich René Descartes, weltlich-analytisch als eine Abfolge von Reaktionen im Körper erklärte – bis ins 19. Jahr- hundert hinein waren die Menschen den Schmerzen oft hilflos ausgelie- fert, besonders wenn Skalpell und Säge im Spiel waren. Am 30. März 1842 führte der Arzt Crawford Williamson Long in den USA die erste Operation mit Äther- narkose durch. Das Zeitalter der Anästhesie begann schließlich 1846, als in Boston ein Zahnarzt renommierte Chirurgen zu einer öffentlichen Demonstration die- ser Narkosepraxis einlud und die Methode so einer breiteren Öf- fentlichkeit bekannt machte. Die segensreiche Wirkung des Äthers verbreitete sich wie ein Lauffeuer und wurde schnell auch in Euro- pa angewandt. Doch bald schon trübten erste Todesfälle während der Operation die Freude über den Fortschritt. Einige Patienten erstickten an ihrem Erbrochenen, an Speichel in der Luftröhre, oder weil sich die Zunge vor die Luftröhre Äther zieht in die Operationssäle ein

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