CellitinnenForum_3_2019

Senioreneinrichtung der Teresian Carmelites

und selbstbestimmtem Leben im Weg stehen.

Altenpflege in Indien

Lediglich 214.000 Menschen sind in Indien in Alteneinrichtungen untergebracht. Sie werden von Hilfsorganisationen oder katho- lischen Ordensgemeinschaften betrieben. Drei solcher Einrich- tungen betreuen die Schwestern der Ordensgemeinschaft ‚Cong- regation of Teresian Carmelites‘. In Indien versorgen sie rund 100 alte Menschen. Die Häuser sind nach Geschlechtern getrennt. Die Tere- sianischen Karmelitinnen kümmern sich um die Seelsorge, bieten den alten Menschen einen Schlafplatz sowie regelmäßige Mahlzeiten an und passen auf sie auf. Indische Alteneinrichtungen lassen sich je- doch nicht an deutschen Standards messen. Die Kosten für medizinische Ver- sorgung und die Pflege bei Krank- heit übernehmen in der Regel die Familien. Oder die Leistungen wer- den aus Spenden und aus eigenen Mitteln finanziert. Das Geld, das die Ordensfrauen in Deutschland und anderswo auf der Welt verdienen, fließt zu einem großen Teil in carita- tive Projekte: in die Versorgung von Alten und Schwachen oder in die Schul- und Ausbildung von Kindern oder jungen Menschen aus armen Verhältnissen. Ein Teil der rund 1.000 Altenein- richtungen in Indien bieten ledig- lich sichere Schlafplätze an. Für ihre Mahlzeiten müssen die alten Menschen arbeiten, ihre Familien

versorgen sie oder sie gehen tags- über betteln. Angesichts dieser Zu- stände werden die Rufe von Hilfs- organisationen wie ‚help age India‘ lauter, die mehr gesellschaftliche Unterstützung fordern.

Arbeitskräfte für das Ausland inter- essant macht. Infusionen anlegen, Medikamente verordnen und den Angehörigen Auskunft in allen me- dizinischen Belangen geben, gehört für eine indische Pflegekraft zum Tagesgeschäft, denn dafür sind die Ärzte nicht zuständig. Die Grund- pflege der Patienten – beispielswei- se das Waschen, Essen anreichen, An- und Ausziehen – übernehmen Angehörige oder Hilfskräfte. Doch können es sich nur die wenigsten Inder im Krankheitsfall oder im Alter leisten, auf ausreichende medizini- sche Versorgung und Pflegeleis- tungen zurückzugreifen. So lange Politik und Gesellschaft ihre Verant- wortung für Alte und Kranke nicht wahrnehmen, wird sich die Zahl der Obdachlosen über 60-Jährigen auf den Straßen indischer Städte und Dörfer weiter erhöhen.

Fachkräftemangel

In Indien gibt es in den staatlichen Krankenhäusern zu wenig Ärzte und Pflegemitarbeiter. Generell kommen diese in einer der zahlreichen, gut zahlenden privaten Kliniken unter oder sie suchen im Ausland ihr berufliches Glück. Über typische Alterserkrankungen weiß man we- nig. Nur vier Universitäten auf dem Subkontinent bieten Geriatrie als Lehrfach an, pro Jahr absolvieren acht Ärzte eine Weiterbildung zum Facharzt für Geriatrie. Das Berufsbild ‚Altenpflege‘ existiert gar nicht. Menschen zu waschen und zu pflegen gilt in der hindu- istisch geprägten Gesellschaft als eine niedere Arbeit, die man den oh- nehin schlecht angesehenen allein- stehenden Frauen überlässt, wenn nicht innerfamiliär eine Lösung ge- funden werden kann. Dagegen sind Gesundheits- und Krankenpfleger in Indien heute gefragte Fachkräfte. Ihre Ausbildung in den staatlichen oder von Orden geleiteten Schu- len ist anspruchsvoll und schließt mit einem Bachelor ab, was die

Leben auf der Straße

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