CellitinnenForum_3_2019

Kultur | Freizeit

Spüre die eigene Kraft Auf Pilgerschaft von Porto bis Santiago de Compostela

keine Unterkünfte. Die Erfahrung, dass auch so für alles gesorgt sein wird, tut uns durchgeplanten und organisierten Menschen gut. Sie lässt uns Spielraum für Unerwar- tetes, macht uns frei und lässt uns eintauchen in eine andere zeitliche Dimension. Wir ließen uns Zeit, schafften pro Tag rund 20–25 Ki- lometer, besichtigten auch die eine oder andere Sehenswürdigkeit ent- lang der Strecke und genossen die Gastfreundschaft der Portugiesen und Spanier in den Pilgerherber- gen. Gestärkt mit einemGebet und ausgestattet mit dem Pilgersegen brachen wir morgens auf. Der ‚Ca- minho Portugues‘ ist im Übrigen auch für nicht so geübte Wanderer sehr gut zu laufen – und er ist nicht so voll wie der ab Frankreich durch Nordspanien verlaufende ‚Camino Francés‘, den ich auch bereits ge- gangen bin. Nach 14 Tagen hatten wir unser Ziel erreicht. Wir standen vor der imposanten Kathedrale in Santiago de Compostela und waren in Ge- danken bei einer Zeile aus einem unserer Gebete: „Und wenn das Ziel erreicht ist, umarme dich die Liebe allezeit.“ Umarmt und geliebt hieß es Abschied nehmen – doch ich fühlte schon die Vorfreude auf das nächste Mal, denn nach dem Camino ist immer auch vor dem Camino. Elke Richter Gesundheits- und Krankenpflegerin am St. Franziskus-Hospital

Die Pilgergruppe um Elke Richter (re.)

14 Tage waren wir unterwegs: Veronika, Oskar, Martin und ich, Elke. Gepilgert waren wir schon einige Male gemeinsam nach Trier, nun nahmen wir uns eine größere Strecke vor. Von Porto aus ging es Richtung Norden nach Santiago de Compostela. „Da wohnt ein Sehnen tief in uns, oh Gott, nach dir sich zu sehnen, dir nah zu sein, es ist ein Sehnen, ist ein Durst nach Glück, nach Lie- be, wie nur Du sie gibst.“ Dieser Refrain eines Jugendchorliedes war uns Impuls und Motto. Zunächst führte uns die Muschel, das un- trügliche Zeichen, dass man sich auf dem Jakobsweg befindet, an der Küste Portugals entlang. Die Aussichten auf den weiten Atlantik

waren beeindruckend. Neben dem wunderschönen Weg, der uns ab der spanischen Grenze durch das grüne Galizien leitete, genossen wir das leckere Essen und den guten Wein (in Portugal vinho verde, in Galizien Ribeiro) gemäß dem alten spanischen Pilgerspruch „Con pan y vino se hace el camino“ (Mit Brot und Wein macht man den Weg). Denn Pilgern heißt für mich nicht Entsagen, sondern ‚Ja sagen‘ zu dem, was der Weg zu bieten hat. Eine Pilgerschaft beginnt schon vor der Reise: Mit dem Packen des Rucksacks. Nur das Nötigste darf mit: Waschbeutel, Blasenpflaster, Schlafsack, Isomatte, Regencape und Wechselwäsche. Für viele si- cher ungewohnt: Pilger reservieren

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