Vitamin K 2-2021

Treffpunkt Gesundheit

Treffpunkt Gesundheit

8

9

oder bestimmte Bakterien. Wir sehen aber auch viele neue Infekte und leider auch eine zunehmende Resistenz gegen Antibiotika, oft durch den unreflektierten Einsatz dieser wertvollen Mittel. Wie beurteilen Sie den Einsatz von Impfungen, um Krankheiten einzudämmen, gerade auch mit Blick auf die derzeitige Pandemie? Dr. Schröder: Im Vergleich zur Anzahl der verschiedenen Krankheiten und Erreger, die es weltweit gibt, sind die zur Verfügung stehenden Impfungen sehr gering. Das Robert- Koch-Institut listet gerade einmal 26 Krankheiten auf, gegen die eine Impfung zur Verfügung steht. Manche davon empfehlen sich nur bei Reisen in bestimmte tropische Ge- biete. Hierzu sollte immer eine reise- und tropenmedizini- sche Beratung, wie wir sie im St. Marien-Hospital anbieten, stattfinden. Gegen die meisten Krankheiten ist es gar nicht möglich, einen Impfstoff zu entwickeln. Daher sollten wir die Impfstoffe, die es gibt, unbedingt auch nutzen. Die Auswirkungen, eine Krankheit zu durchleiden, sind deutlich schwerwiegender als eine Impfung. Im Falle von Covid-19 besteht ein relevantes Risiko für schwere Krankheitsverläufe, an denen viele Patienten auch versterben. Unter denen, die die Krankheit überstanden haben, tragen viele kaum abseh- bare Folgeschäden davon. Wie bewerten Sie die Skepsis vieler Menschen gegen- über einer Covid-Impfung? Dr. Schröder: Das kann ich grundsätzlich gut nachvollziehen. Noch nie gab es so viele und oft widersprüchliche Informa- tionen, die teilweise selbst für Experten schwer einzuordnen sind. Ich selbst war einer der ersten, die geimpft wurden und nach einem Jahr Intensivstation mit ständigem direktem Kontakt mit der Krankheit und ihren fatalen Folgen war ich sehr froh über diesen Schutz. In meinen Augen gibt es keine Alternative zur Impfung. Da ich auf die hohe Wirksamkeit vertraue, bin ich inzwischen wieder zu einem weitgehend normalen Privatleben zurückgekehrt.

Was sind Impfungen?

Bei einer Impfung werden dem Körper Krankheits­ erreger oder Teile davon (Angreifer) in abgeschwäch- ter Form zugeführt. Das körpereigene Abwehrsystem erkennt den Fremdkörper, bekämpft ihn und spei- chert die Information in sogenannten „Gedächtnis­ zellen“, um sie im Falle eines echten „Angriffs“ anwenden zu können. Es gibt vier Varianten von Impfungen: • Lebend-Impfstoffe: Der Erreger wird in nicht gesundheitsschädlicher Anzahl lebend (meist abgeschwächt) dem Körper zugeführt. Lebend­ impfungen sollten jedoch bei immunschwachen Patienten nur nach einer besonderen Risiko-Nut- zen-Abwägung verabreicht werden (z. B. Masern oder Gelbfieber). • Tot-Impfstoffe: Der Impfstoff besteht aus nicht mehr aktiven Erreger-Zellen. Dennoch erkennt das Immunsystem, dass Zellen dieses Typs bekämpft werden müssen. Diese Impfungen müssen meist regelmäßig aufgefrischt werden. • Komponenten-Impfstoffe: Das sind entweder Teile eines Erregers oder hoch gereinigte oder gentechnisch hergestellte, reine Impfstoffe, die nur für die Immunantwort notwendige Bestand- teile (z.B. ein Eiweiß) enthalten. Dadurch sind sie nebenwirkungsärmer, teilweise aber nicht so wirksam, weshalb oft eine Kombination mit einem Verstärker der Immunantwort erfolgt. • mRNA-Impfstoffe: Hierbei werden reine geneti- sche Informationen zum Bau eines typischen Bestandteils des Erregers (z.B. ein Eiweiß) ver- wendet. Der Körper stellt dieses Teil dann selbst her und bildet unmittelbar darauf Abwehrme- chanismen. Welche Form zur Anwendung kommt, hängt immer davon ab, wie Erreger und Immunsystem interagie- ren. Die Entwicklung ist meist langwierig und kosten­ intensiv. Eine gute Übersicht über in Deutschland übliche Standardimpfungen gibt es auf der Website des RKI: www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Imp- fungenAZ/ImpfungenAZ_node.html

Foto: ©ratana_k - stock.adobe.com

Seit dem Spätsommer 2021 ist die Infektiologie ein neuer Schwerpunkt in der Klinik für Innere Medizin am Kölner St. Marien-Hospital. Vitamin sprach mit dem Infektiologen und Leitenden Oberarzt Dr. Jakob Schröder über Infektionskrankheiten und den möglichen Schutz. „Ich sehe keine Alter- native zu Impfungen“

Leitender Oberarzt Dr. Jakob Schröder DTMIH Klinik für Innere Medizin Tel 0221 1629-2004

gungen können Infektionen nicht mehr örtlich begrenzt werden. Wir sehen auch in Deutschland eine Veränderung des Krankheitsspektrums, der wir uns stellen müssen. Welches sind die häufigsten Infektionskrankheiten in Deutschland? Dr. Schröder: Am häufigsten kommen Infektionen der Atemwege vor, aber auch Magen- und Darm- oder Harn- wegsinfekte. Die Auslöser sind in den meisten Fällen Viren

Warum sind Sie Infektiologe geworden und inwiefern hat die Corona-Pandemie Ihre Entscheidung beein- flusst? Dr. Schröder: Die Entscheidung für diese Spezialisierung habe ich schon vor Corona getroffen. Als Intensiv- und Notfallmediziner wird man mit allen Arten von Infektionen konfrontiert. Die Pandemie hat die zunehmende Bedeutung der Infektiologie für die Medizin noch einmal bestätigt. Durch Globalisierung, Klimawandel und Migrationsbewe-

infektiologie.kh-marien@cellitinnen.de www.st-marien-hospital.de St. Marien-Hospital | Köln Innenstadt

Vitamin K – Das Gesundheitsmagazin für Köln – Ausgabe 2.2021

Vitamin K – Das Gesundheitsmagazin für Köln – Ausgabe 2.2021

Made with FlippingBook - professional solution for displaying marketing and sales documents online