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MENSCHEN

Es lenkt mich ab und gibt mir Halt in dieser Zeit

me des Google Übersetzers ver ständigt. Das ging erstaunlich gut.“ Die Kinder der Wittenbergs haben in der Schule etwas russisch im Unterricht gelernt und konnten un terstützen. Elena und Tamara passten sich dem Familienrhythmus an. Ge gessen wurde abends gemein sam. Dadurch konnte auch eine besondere Verbindung hergestellt werden. Das gemeinsame Kochen und Essen habe sie untereinander nähergebracht, sagt die Hebamme und zweifache Mutter. Besonders auffallend war zunächst, dass ihre beiden Gäste nur kleines Gepäck dabeihatten und sie nicht wirklich auspacken wollten – es hielt sie die Hoffnung zurück, bald wieder nach Hause reisen zu können. SIE GEBEN DIE HOFFNUNG NICHT AUF Nun haben Elena und ihre Mutter eine kleine, aber passable Woh nung in Köln-Kalk zugewiesen bekommen. „Ich habe schon ge merkt, dass die beiden nach den vielen Wochen einerseits froh wa ren, meiner Tochter wieder das Zimmer zurückzugeben, auf der anderen Seite kam dann auch die Ernüchterung, weil damit klar war, dass der Aufenthalt in Deutsch

land wohl ein längerer sein wird“, sagt Zacharko. Elena, die Lehrerin für Mathematik und Physik ist, schöpft immer noch große Kraft daraus, ihre Schü ler, die mittlerweile auch auf der ganzen Welt bei Verwandten oder Freunden verstreut sind, online zu unterrichten und ihre Schützlinge auf Prüfungen vorzubereiten. „Es lenkt mich ab und gibt mir Halt in dieser Zeit“, sagt die Lehrerin. Dass ihr Sohn in Kiew geblieben sei, schmerze sie natürlich. Auf der anderen Seite passe dieser nun dort auf seine sehr betagte Großmutter auf, die auf keinen Fall

ihre Heimatstadt verlassen wolle. Familie Zacharko-Wittenberg hat die Zeit mit Elena und Tamara als sehr bereichernd wahrgenommen. Natürlich sei es auch anstrengend für alle gewesen, sich anzupas sen, aber das Positive habe ein deutig überwogen. „Beide Frauen sind uns so ans Herz gewachsen. Sie haben sich wunderbar bei uns eingefügt und sie waren und sind so dankbar. Wir hoffen sehr, dass irgendwann ein Ende die ses Krieges abzusehen ist und sich ihr größter Wunsch erfüllen kann: Wieder in die Heimat zu ge hen.“ (J.P.)

Fotos: Anke Zacharko

CellitinnenForum 03 | 2022

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