Cellitinnen 1_2016

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Kaffeeklatsch um Mitternacht Über das Schlafverhalten von demenziell veränderten Menschen

Im Seniorenhaus sitzen fünf ältere Menschen am Tisch der Wohn- gruppe. Vor ihnen steht eine Kanne mit warmem Ka- kao, die Pflege- fachkraft der

Externe Zeitgeber wie hell und dun- kel werden nicht mehr ausreichend wahrgenommen. Woran pflegende Angehörige oft verzweifeln, kann in Senioren-

übrigens wie unsere Vorfahren (vgl. Artikel ‚Wie halten Sie es mit dem Schlaf, Seite 4). Der betreuende Altenpfleger kann die außerordent- liche Brotzeit gelassen nehmen, weiß er doch, dass seine Schicht um 6:45 Uhr endet und er sich dann hinlegen kann. Klar strukturierte Tagesabläufe kön- nen dazu beitragen, den Nacht- schlaf der demenziell veränderten Menschen zu verbessern. Sie soll- ten dabei möglichst viel beschäf- tigt werden, beispielsweise durch Spaziergänge an der frischen Luft, und der Mittagsschlaf soll- te nicht mehr als 30 Minuten dauern. Besonders pflegende Angehörige sollten nach diesem Prinzip vorgehen, damit die Schlaf- störungen des Patienten nicht die eigene Gesundheit belasten. Nur die wenigsten Pflegenden können den entgangenen Schlaf tagsüber wieder nachholen. In den Einrichtungen des Celli- tinnenverbundes setzt man auf das Konzept der Mäeutik und der basalen Stimulation. In Anbindung an seine Biografie geht man da- von aus, dass jeder Bewohner ein Recht auf weitgehende Selbst- bestimmung hat. Die vorhandenen Ressourcen werden dabei so weit und so lange es geht unterstützt. Das führt dazu, dass die Bewohner ein Anrecht auf Marmeladenbrot und Kakao haben – auch morgens um zwei Uhr.

einrichtun- gen durch die Pfle- gekräfte

a u f g e f a n g e n werden. Sie sind auf eine 24-Stunden- Betreuung eingerichtet.

Nachtschicht reicht dazu Toast mit Marme- lade. Wer möchte, greift zu.

Die häufig längeren Wachphasen jener Bewohnergruppe zu nacht- schlafender Zeit bringen den Alltag in einem Seniorenhaus nicht durch- einander. Hier ist Zeit und Raum, um auf diese speziellen Bedürfnisse einzugehen. Der Plausch bei Kakao und Marmeladenbrot um zwei Uhr morgens gibt den demenziell ver- änderten Bewohnern Orientierung und Sicherheit und nimmt ihnen die Angst vor dem Wiedereinschlafen. Als Folge des nächtlichen Schlaf- mangels legen sie dafür tagsüber mehrere Schläfchen ein, ähnlich

Herr H. und Frau B. kommentie- ren den Imbiss wohlwollend und kommen darüber ins Gespräch. Ein normaler Kaffeeklatsch, allerdings zu ungewohnter Uhrzeit. Es ist zwei Uhr morgens. Die Fünf am Tisch eint die Krankheit De- menz. Eine verkürzte nächtliche Schlafdauer, ein leichterer Schlaf und dafür die Lust auf ein Mittags- nickerchen nehmen im Alter zu. Bei demenziell Veränderten allerdings wird der Tag-Nacht-Rhythmus nicht selten auf den Kopf gestellt.

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