Cellitinnen 1_2020

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Der Weg in die Moderne Über die Professionalisierung der Altenpflege im Seniorenhaus

Stricken als Freizeitbeschaftigung …

… ist nach wie vor beliebt

Die Versorgung älterer Menschen, die sich nicht mehr aktiv am Brot- erwerb der Familie einbringen kön- nen, lässt sich bis ins Mittelalter zu- rückverfolgen. Vor allem christliche Gemeinden nahmen sich zunächst der mittellosen und gebrechlichen Menschen an. So entstanden – zu- meist im Umfeld von Klöstern und Kirchen – ‚Spitäler‘. Sie gewähr- ten Bedürftigen einen Schlafplatz sowie eine Grundversorgung. Die Gründung dieser Einrichtungen gilt als eine Wurzel der heutigen Alten- heime. Mit den gesellschaftlichen Verwer- fungen im 19. Jahrhundert als Folge der Industriellen Revolution nah- men sich neu gegründete Ordens- gemeinschaften und engagierte Bürger der Versorgung alter und bedürftiger Menschen an. Zudem erkannte auch der preußische Staat die Notwendigkeit einer organisier- ten medizinischen Versorgung und Altenpflege. So wurde die Sozial-

gesetzgebung begründet und unter anderem der Aufbau von Pflegeein- richtungen vorangetrieben. Die moderne Altenpflege entwickel- te sich in Deutschland erst in den fünfziger Jahren substanziell wei- ter. Der Zweite Weltkrieg hatte das klassische System der familiären Fürsorge weitgehend zerstört und machte neue Versorgungsformen erforderlich. Es entstanden Alten- heime, vor allem für alleinstehende Kriegswitwen sowie zur Versorgung alter, behinderter und pflegebedürf- tiger Menschen. Für pflegerische Tätigkeiten wurde auf Kranken- pflegekräfte zurückgegriffen. Die staatlich anerkannte Ausbildung zur Altenpflege erfolgte erst ab 1969. „Die Altenheime alter Prägung wa- ren in erster Linie Versorgungsein- richtungen für Menschen, die kei- ne Familie hatten oder nicht mehr alleine wohnen konnten“, erläutert Stephanie Kirsch, Geschäftsfüh-

rerin der Seniorenhaus GmbH der Cellitinnen zur hl. Maria. „Es ging um die Grundversorgung. Das heißt, um ein Dach über dem Kopf in Mehrbettzimmern, um eine war- me Mahlzeit am Tag sowie die me- dizinisch-pflegerische Versorgung bei Erkrankungen.“ Entsprechend einfach war die Ausstattung in zu- meist vormaligen Krankenhausbau- ten: Die Betten, die Einrichtung und sanitären Anlagen waren funktional. Die Gestaltung an hygienischen Standards ist an der medizinischen Versorgung ausgerichtet. Ein wohn- liches oder häusliches Umfeld für die Unterbringung alter Menschen rückte erst in den späten siebziger Jahren ins Blickfeld.

Von der Funktionalität zur Individualität

„Als in den 90erJahren die Senio- renhaus GmbH gegründet wurde, stießen wir mit unseren Forderun- gen, die Altenheime neu oder um-

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