Cellitinnen 1_2020
Glauben | Leben
konnten. „Ich habe nie direkt darü- ber geredet. Die Männer sprachen es eines Tages selbst aus: Vor Gott sind die Frauen genauso wertvoll wie wir Männer.“ Als das Krankenhaus und die Pflegeschule auf eigenen Füßen standen und einheimische, gut ausgebildete Kräfte die Arbeiten übernehmen konnten, war die Mis- sion von Schwester Margarita im Kongo beendet. Der Orden holte sie 1996 nach Deutschland zurück. „Die Umstellung fiel mir anfangs schwer, auch wenn ich mich schnell wieder an die Annehmlichkeiten wie warmes Wasser zum Duschen, as- phaltierte Straßen und die verschie- denen Verkehrsmittel gewöhnte. Al- lerdings. Kirche ist in Deutschland so strukturiert und von oben gedacht. Damit ist sie so anders als in Afrika“, fasst sie ihre Eindrücke kurz nach ihrer Rückkehr zusammen. Ihren aufmerksamen, offenen Blick auf die Menschen und die Idee, dass es viele Wege zu Gott gibt, hat sie sich bewahrt. Diese Gaben bringt sie heute im Seniorenhaus Heilige Drei Könige in Köln ein, wo sie mit drei Mitschwestern im ‚Senioren- kloster‘ wohnt.
Schwester Margarita (2. v. li.) nimmt Abschied von Logo
hörte es auch, Präventivmaßnah- men durchzusetzen: Als sie wieder ohne Arzt dastanden und ein Patient mit Lungenpest in die Klinik kam, mussten die Schwestern den Markt schließen, damit sich die Krankheit nicht ausbreiten konnte. Mit dem Jeep oder zu Fuß machte sich Schwester Margarita regelmä- ßig ein Bild von der Lage in den Dörfern der Gesundheitszone. „Die Bevölkerung war bitterarm. In der Regel gab es für viele Bewohner nur jeden zweiten Tag eine Mahl- zeit, meistens Bohnen. Lungenent- zündung, Typhus oder Beulenpest brachen jedes Jahr aus, Ruhr plagte die Menschen,“ erinnert sie sich. Nicht nur in der Gesundheitspfle- ge konnte man sich auf die tapfere Ordensfrau verlassen. Sie setzte sich auch bei Behörden für ihre Mit- arbeiter und ihre Pflegeschule ein. „Wenn jemand helfen kann, dann die Schwester“, sagten die Leute. Und so zog sie los, oft mit weichen Knien, um zu Unrecht inhaftierte Mit- arbeiter aus demGefängnis zu holen oder auf ‚Palavern‘ (Gemeindever- sammlungen) für Angeklagte aus- zusagen. Das war in einer Diktatur nicht ungefährlich, doch „der liebe
Gott hat mir immer geholfen und ich wusste, hinter mir steht betend meine Kommunität“ Die örtlichen Gebräuche respek- tierte Schwester Margarita, auch wenn ihr diese nicht immer sinn- voll erschienen, wie das Spucken in den Mund neugeborener Zwillinge durch einen Zauberer. Sie begegne- te den Menschen auf Augenhöhe. Wie schon in Katanga bildeten sich um das Buschkrankenhaus herum kleine christliche Gemeinschaften, hauptsächlich Familien. „Dabei hatte ich kein Konzept in der Tasche, es passierte einfach so. Die Menschen kamen auf mich zu und baten da- rum, eine Gruppe zu eröffnen“, er- klärt sie. „Hier ist der Finger Gottes im Spiel“, bemerkte der Bischof, als er sah, wie sich die christlichen
Gruppen in seiner Diözese ausbreite- ten. Und fortschritt- lich wie die Ordens- frau ist, sorgte sie mit Geschick und Fingerspitzengefühl dafür, dass in einer männerdominier- ten Welt auch die Frauen an den An- geboten teilnehmen
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