Cellitinnen 3_2016

Kultur | Freizeit

hohe Alter hinein. Besonders schön sind die Erinnerungen an die Reisen mit den Enkeln oder der ganzen Familie, egal wohin. Da ließ sich so vieles nachholen und an Lebens- erfahrung weitergeben. Ein wenig wehmütig blicken die drei zurück – ja, reisen, das vermissen sie.

sich: An Fernreisen mit seiner Frau, Urlaube mit der Familie in Holland. Alles ist auf Film festgehalten, sor- tiert und beschriftet. Hermann The- len schaut sich die Bilder gerne an, lässt aber auch andere an seinen Reisen bei Diaabenden oder einer Fotoausstellung teilhaben. In seinem Leben gab es aller- dings eine Reise, die nicht der Erholung diente, und er braucht auch heute, mit 92 Jahren, keine Fotos, um sich an sie genau zu erinnern. Als 17-Jährigen schickte die Wehrmacht ihn von Polen an die französische Küste. Unterwegs machte der Zug Halt in Köln und es blieben einige Stunden Zeit, um unter Lebensgefahr – schließlich hatten die jungen Soldaten keine Passierscheine – die Familie zu be- suchen. Dann ging es weiter in die Normandie, wo Thelen den D-Day erlebte. „Es gibt ein Foto vor und nach der Invasion von mir. Auf den Bildern schauen zwei völlig ver- schiedene Menschen in die Ka- mera.“ Nach dem Krieg brauchte er lange, um seine Erlebnisse zu verarbeiten, doch schließlich fasste

er sich ein Herz und fuhr mit seiner Frau in die Normandie. Die Reise tat ihm gut. Auch seine Israelreise war keine reine Erholungsreise. „Was während meiner Kindheit und Jugend in Deutschland geschah, übertrifft den Verstand. Ich woll- te mehr wissen und so fuhren wir nach Israel.“ Eine Reise in das große Ungewisse, so empfand Schwester Rudolfa ihren ersten Flug von Indien nach Deutschland. Als junge Frau trat sie in den Orden der Cellitinnen nach der Regel des heiligen Augustinus ein. Das war nach dem II. Vatika- num. Das Ordensgelübde für die in Köln ansässige Ordensgemein- schaft konnte nur in Deutschland abgelegt werden. „Alles war neu, das Essen, die Sprache und das Wetter“, erinnert sich Schwester Rudolfa. „Aber ich hatte keine Angst.“ Nach demGelübde wurden die jungen Schwestern dann zurück nach Indien geschickt, denn hier warteten große Aufgaben auf sie. Mittlerweile konnte der Orden in Indien Niederlassungen gründen, die Schwester Rudolfa im Bundes- staat Kerala mit aufbaute. Sie reiste viel, um die Niederlassungen zu be- suchen. Unter anderen Umständen würde man von ‚Geschäftsreisen‘ sprechen. Nach 45 Jahren bat sie darum, wie- der nach Deutschland zu dürfen, um einer leichteren Tätigkeit nach- zugehen. Wie lange sie noch im Se- niorenhaus St. Anna am Empfang und in der Seelsorge arbeiten wird, ist ungewiss. Gewiss ist aber, dass es irgendwann für sie ein Rück- reiseticket nach Indien geben wird.

Reisen bestimmen Lebenswege

Der gebürtige Kölner Hermann Thelen kennt Europa, er war imNa- hen Osten und in Ägypten. Wenn er heute die Bilder aus Syrien im Fernsehen sieht, wird er traurig. „Das Land war so schön, jetzt ist alles kaputt.“ Auf seinem Zimmer im Seniorenhaus Heilige Drei Könige verwahrt Thelen einen kleinen Teil seiner Diasammlung. Der passio- nierte Hobbyfotograf hat alle Reisen mit der Kamera begleitet. Er greift oft zu den Diaschatullen, hält die Bilder gegen das Licht und erinnert

CellitinnenForum 3/2016 47

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