Cellitinnen 3_2017

Medizin | Betreuung

Die einfachste Sache der Welt? Zertifiziertes Weaning Zentrum im St. Marien-Hospital

Künstliche Beatmung macht vielen Menschen Angst, obwohl dadurch Leben gerettet wird. Das schein- bar Einfachste auf der Welt – das selbstständige Luftholen – funk- tioniert nicht mehr. Geräte stellen für eine bestimmte Zeit die ausrei- chende Versorgung mit Sauerstoff sicher. Die Gründe sind vielfältig. Meist liegt eine schwere Lungen- erkrankung vor, die sich durch eine komplikationsreiche Operation oder durch eine schwere Lungen- entzündung verschlechtert. Dabei kommt es bei einem Teil dieser oft über lange Zeit beatmeten, schwerkranken Patienten schnell zu einer Gewöhnung des Kör- pers an die künstliche Beatmung und häufig auch an die dafür not- wendigen Schlaf-, Schmerz- und Narkosemittel, die den Patienten in das sogenannte künstliche Koma versetzen. Der Weg zurück zum selbststän- digen Atmen und die Entwöhnung von dieser maschinellen Beatmung heißt ‚Weaning‘. Damit verbunden ist auch das langsame Absetzen von Schmerz- und Beruhigungs- mitteln, damit der Patient wach und ansprechbar ist. Am Kölner St. Marien-Hospital ist das Wea- ning Zentrum der Lungenklinik Köln-Nord in den Räumlichkeiten der Intensivstation integriert. Ein umfassendes Konzept stellt die Zusammenarbeit von Ärzten, Pfle- gekräften, Physiotherapeuten, Logopäden, Atmungstherapeuten

und des Sozialdienstes bei der Be- atmungsentwöhnung sicher.

wendig. Sind die ersten Versuche einer Beatmungsentwöhnung ohne Erfolg, so kann eine ‚Tracheotomie‘ eine gute Lösung sein. Dabei wird ein Luftröhrenschnitt oberhalb der Schilddrüse gemacht. In diesen wird ein Schlauch zur Beatmung eingeführt. Der Patient kann danach wieder sprechen und essen. Für das Erlernen der Spontanatmung muss er klinisch stabil sein und darf nicht von kreislaufunterstützenden Maßnahmen beeinträchtigt sein. Eine besondere Stellung im Team nehmen die Atmungstherapeuten ein. Diese erarbeiten Beatmungs- und Entwöhnungsstrategien in Zusammenarbeit mit den Ärzten und wählen geeignete Beatmungs- geräte aus. Außerdem schulen sie Patienten und Angehörige, wechseln die Trachealkanülen und Atmungstherapeuten

Schnelle Entwöhnung

Bei Patienten, die für eine Entwöh- nung in Frage kommen, wird immer wieder geprüft, ob die maschinelle Beatmung möglichst rasch be- endet werden kann. Zuvorderst steht nach erfolgreicher Therapie der Grunderkrankung die Suche nach den Ursachen für die weitere notwendige künstliche Beatmung. Diese sind vielfältig und reichen von neurologischen Gründen wie Atem- antriebsstörungen bis zum Abbau der für das Atmen notwendigen Muskulatur. Deswegen ist ein langwieriges Trai- ning der Atemmuskulatur durch das Aussetzen der aktiven Beatmung imWechsel mit einer gleichzeitigen Entlastungder Atemmuskulatur not-

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