Cellitinnen 3_2017

Titel | Thema

Denkanstoß durch Beratung Selbstbestimmte Entscheidung setzt Information voraus

Seit mein Cousin vor einigen Jah- ren mit Mitte vierzig aufgrund einer schweren Erkrankung verstarb, treibt mich das Thema Patienten- verfügung um. Also entschließe ich mich, das Beratungsangebot im St. Franziskus-Hospital in Anspruch zu nehmen. Ich

hilfe an die Hand geben, sollte der Ernstfall eintreten. Wir reden über lebenserhaltende Maßnahmen, Schmerz- und Symptombehand- lung und viele andere Eventualitä- ten. Anne Kruse hat einen Leitfaden und einen Bogen zur Hand, in dem man die unterschiedlichen Hand- lungsoptionen nachlesen und an- kreuzen kann. Ich muss nicht alles sofort entscheiden. Einige Dinge nehme ich mit nach Hause, um sie mit meinem Mann zu besprechen. Ein wichtiger Punkt: Mit den Men- schen, denen man eine Vollmacht erteilt, imGespräch bleiben – einige Formulare müssen sie mit unter- schreiben – und auch sich selbst regelmäßig prüfend fragen, ob die einmal festgelegten Wünsche noch aktuell sind. Nach unserem Bera- tungsgespräch bin ich beruhigt. Nun kann ich mit gutem Gewissen die Vertretung meiner Interessen im Ernstfall anderen Menschen anver- trauen.

tigsten ist die Vorsorgevollmacht“, erläutert Anne Kruse. Denn so gebe ich den Menschen, denen ich künftige Entscheidungen und meine Willensvertretung anver- traue, überhaupt erst die recht- liche Grundlage dafür. Hier muss ich mich aber ‚nur‘ für bestimmte organisatorische Wege, noch nicht für inhaltliche Ausgestaltungen ent- scheiden. Danach beginnen wir über die Patientenverfügung zu sprechen. Und hier geht es nun ins Detail. In welchen Situationen soll die Ver- fügung gelten? Nur wenn ich mich im unmittelbaren Sterbeprozess befinde? Oder auch schon im End- stadium einer tödlich verlaufenden Krankheit? Es geht darum, meinen Erfahrungen und Befürchtungen zu Krankheit, Leiden und Sterben Raum und Gestalt zu geben. Das fällt mir nicht an allen Stellen leicht.

ve re i nba re telefonisch einen Bera- tungstermin mit Anne Kruse, Kran- kenhausseel- sorgerin und Mitglied des Eth i k-Teams im Ehrenfelder Krankenhaus. Im Wechsel mit vier Kollegin- nen und Kollegen nimmt sie die Beratungstermi- ne wahr. Sie hat eine Stunde für mich und mein Anliegen Zeit. „Warum möchten Sie eine Patien- tenverfügung ver-

„Die meisten Men- schen machen sich erst bei eintretender schwerer Erkrankung oder im höheren Le- bensalter Gedanken zu dem Thema“, weiß Anne Kruse. Aber was, wenn ich nach einem Unfall nicht mehr in der Lage bin, Entscheidun- gen selbst zu treffen? Ich will den mir nahe- stehenden Menschen eine Entscheidungs-

fassen?“, fragt mich Anne Kruse – und dies ist die wichtigste Frage im ganzen Gespräch, denn nun bin ich gefordert, meine Gedanken konkret auszusprechen. Und genau dies setzt dann ja auch die Weichen für meine Entscheidungen zu den einzelnen Punkten. „Am allerwich-

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