Cellitinnen 3_2018_finale_Version 30.7.2018
Titel | Thema
Schicksalsschlägen? Wie reagiere ich auf bestimmte Situationen: ängstlich-ohnmächtig-abwehrend oder neugierig-positiv? Je mehr Ankerpunkte die Bewohner haben, beispielsweise Gott oder die Familie, umso besser können sie gelassen dem letzten Lebensab- schnitt gegenübertreten. Man kann aber auch im Alter Gelassenheit trainieren, etwa über die Musik. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Singen gelassen macht. Es holt Menschen aus der Isolation, öffnet ihre Herzen, verbindet mit anderen und fordert den Geist. Ich bin kein Neurologe, aber ich könnte mir vorstel- len, dass der Zusammenhang zwischen Singen und Gelassenheit wissenschaftlich nachgewiesen werden kann. Meine Aufgabe ist es, zuzuhören und Zuspruch zu geben. Meine Kraft und Gelassenheit dazu schöpfe ich aus dem Glauben an Jesus Christus.
Anna Mittelstädt, Psychoonkologin
am St. Vinzenz-Hospital, Köln Menschen, die in meine Sprech- stunde kommen, haben oft das Gefühl, die Krankheit habe die Kontrolle über ihr Leben über- nommen. Meine Aufgabe ist es, Patienten dabei zu unterstützen,
handlungsfähig zu bleiben. Gemeinsam suchen wir nach Wegen, mit der Krankheit umzugehen. Manchmal hilft ‚therapeutisches Zuhören‘. Mit einigen Patienten erarbeite ich eine Struktur: Was sind die nächsten Schritte? Welche Möglichkeiten gibt es? Wo finde ich psychologische Unterstützung nach meiner Entlas- sung? Das ist mein Plan A, wie könnte Plan B ausse- hen? Wieder andere finden eine innere Ruhe bei Ent- spannungsübungen. Bei manchen Menschen besteht der Wunsch, mehr Gelassenheit in ihrer schwierigen Situation zu finden. Gelassen zu sein, ist ein hehres Ziel, denn Gelassenheit ist nicht gleich Gleichgültigkeit. Auf dem Weg dahin muss viel Verzweiflung ausgehalten und überwunden werden. Dies beinhaltet unter anderem, das Wahrneh- men von Emotionen, die Klärung eigener Wünsche und letztlich die Akzeptanz des Unvermeidlichen und der Hilflosigkeit sowie das ‚Loslassen‘, um die Möglichkeit zu schaffen, Ressourcen wiederzuentdecken. Mithilfe meiner langjährigen Ausbildung kann ich einerseits mit den Patienten mitfühlen und gleichzeitig eine ‚profes- sionelle Gelassenheit‘ wahren. Ich bin dankbar dafür, dass die Menschen mir ihre Geschichte anvertrauen. Für meinen eigenen Ausgleich hilft es mir, auch mal eine Kerze in der Kapelle anzuzünden.
Bernd Wolfram Schlör, Oberarzt Notfallambulanz,
Heilig Geist-Krankenhaus, Köln Seit 2007 arbeite ich im Heilig Geist-Krankenhaus. Normaler- weise bin ich ein sehr gelasse- ner Mensch und behalte auch in hektischen Zeiten den Überblick. Ich versuche, meine Ruhe und
Konzentration dann an die Kollegen weiterzugeben. In diesem Winter wurde meine Gelassenheit allerdings arg strapaziert. Während der Grippeepidemie hatten wir eine Vielzahl von Patienten mehr zu versorgen als gewöhnlich – das führte Ärzte und Pfleger an den Rand der Belastbarkeit. In letzter Zeit suchen vermehrt Menschen mit Kleinig- keiten oder seit Wochen bestehenden Beschwerden die Notfallambulanz auf. Einige fahren dann auch noch mit dem Rettungswagen vor, um die Kosten für das Taxi zu sparen. Das macht mich fassungslos. Doch ich bleibe sachlich und freundlich und versuche zu vermitteln, dass für diese Situationen der niedergelassene Kollege zuständig ist. Ohne meine Familie wäre es schwierig, Distanz zu meinem Beruf zu wahren. Ich bin froh, drei Kinder zu haben, die mir dabei helfen, die Sorgen aus der Notfallambulanz an der Haustüre mit der Jacke abzulegen.
Schwester Katharina Cleff, Mitarbeiterin im Wohnstift St. Anna, Köln Ob man dem Alter generell eine gewisse Gelassenheit unter- stellen kann, bezweifle ich. Viel hängt davon ab, wie das Leben verlaufen ist. Welche Erfahrun- gen bringe ich mit? War mein Leben geprägt von Freude oder
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CellitinnenForum 3/2018
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