Cellitinnen 4_2014_051114-1

Titel Thema

Sterbende begleiten Interview mit Martina Mann, Pflegedienstleiterin des Hospiz St. Vinzenz, und Dr. Jochen Stolz, Leiter der Palliativstation am St. Vinzenz-Hospital in Köln

Pflegeheim oder Hospiz – wo ge- nau besteht für den Kranken der Unterschied? Martina Mann: Im Hospiz sorgen sich zehn Betreuer im Schichtdienst um neun Gäste. In Pflegeheimen stehen per Gesetz nur halb so viele Mitarbeiter zur Verfügung. Wir haben daher mehr Zeit für die individuelle Pflege und Begleitung, wobei Pflegeheime und Hospize einen anderen Ansatz haben. Ein Platz in einem Hospiz kostet die Kassen mehr, insofern prüfen sie sehr genau, ob die Indikatoren für den beantragten Hospizplatz wirk- lich zutreffen. Dr. Stolz: Und ist man erst einmal im Pflegeheim, ist der Weg von dort in ein Hospiz fast ausgeschlossen. Es sei denn, das Pflegeheim kann die benötigten Maßnahmen wie häu- figes Absaugen in der Nacht oder das Versorgen von ulzerierenden (Red: übel riechenden) Tumoren nicht gewährleisten. Martina Mann: Ja, dann braucht man gute Begleiter, die die Aus- einandersetzung mit den Kassen aufnehmen.

Martina Mann und Dr. Jochen Stolz

Palliativstationen, Hospize, Pfle- geheime – welche Versorgungs- möglichkeiten sieht der Gesetz- geber für Schwerstkranke vor? Dr. Stolz: Palliativstationen sind Abteilungen in Krankenhäusern, die sich um die bestmögliche me- dizinische Versorgung und Ster- bebegleitung unheilbar Kranker kümmern. Bei uns geht es nicht mehr um die Krankheit als solche, sondern um die Linderung der Symptome. Wir haben, wie andere Abteilungen auch, eine 24-stündi- ge Notfallversorgung, in der Regel werden die Patienten von ihren Hausärzten eingewiesen. Dann klären wir mit den anderen Abtei- lungen der Klinik ab, ob der Patient tatsächlich unheilbar krank und in der letzten Lebensphase angelangt

ist. Sind die Patienten optimal ein- gestellt, entlassen wir sie nach Hause, in ein Hospiz oder in ein Pflegeheim. In Zweifelsfällen berät die Patienten der Sozialdienst, der auch weitere Schritte in die Wege leitet. Martina Mann: Wir nehmen nur Menschen auf, die pflegebedürftig sind und ‚in absehbarer Zeit‘ sterben werden. Unter ,absehbar‘ versteht der Gesetzgeber einige Wochen bis wenige Monate. Kranken- und Pflegekasse müssen der Aufnahme eines Gastes zustimmen. Folgen sie der Empfehlung des Arztes nicht und ist die Pflege zu Hause nicht gewährleistet, sucht der Sozialdienst einen Platz in ei- nem Pflegeheim.

Wie kommen die Patienten oder die Gäste bei Ihnen an?

Dr. Stolz: Nach eingehender Un- tersuchung klären wir mit den Pa-

8 CellitinnenForum 4/2014

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