CellitinnenForum_2_2021
KOMPETENZ
KOMPETENZ
„Ein gewisses Maß an Gelassenheit ist wichtig“
Das Titelthema dieser Ausgabe ist ‚Operationen‘ und wir be- richten auch über innovative OP-Techniken wie 3-D-Simu- lationen und Robotik. Ist das jetzt die schöne neue Welt der Medizin? Jede Innovation im Kranken- haus muss dem Menschen nutzen, den Patienten, den Mit- arbeitern. Nehmen wir die Inten- sivmedizin: Vieles ist hier dank hochmoderner Technik möglich – jedoch ist nicht alles sinnvoll und gewollt. Deshalb sind zum Beispiel auch die Ethikteams in unseren Einrichtungen so wich- tig: Sie unterstützen dabei, das Patientenwohl und den Patien- tenwillen im Fokus zu halten. Andererseits sind Neuerungen ebenso wichtig. Wir tun gut da- ran, uns damit intensiv ausein- anderzusetzen und auch darin zu investieren. Und ich gebe zu, mich faszinieren neue Technolo- gien – auch privat. Wie erlebt jemand, der so lange „Krankenhaus macht“, diese aktuelle Ausnahmesituation während einer Pandemie? In den vielen Jahren meiner Tä- tigkeit gab es am laufenden Band neue Gesetze und Ver- ordnungen. Jedes Jahr gab es dadurch viel Aufregung, weil die neuen Vorgaben nicht im- mer die richtigen Anreize setz- ten und sich manchmal nur schlecht umsetzen ließen. Ich
Die wenigsten Menschen wissen, dass hinter der Finan- zierung von Krankenhäusern ein sehr kompliziertes System steckt. In den letzten Jahren wird zunehmend gefordert, es zu reformieren und die Anzahl der Krankenhäuser zu reduzie- ren. Wie bewerten Sie das? Corona hat gezeigt, wie wichtig die ‚vor-Ort‘-Versorger sind. Die Tendenz zu stärkerer Speziali- sierung und größeren Einheiten ist grundsätzlich richtig, hierfür bedarf es aber einer vernünftigen Krankenhausplanung, an der die
habe daher gelernt, wie wich- tig es ist, neuen Herausforde- rungen mit Gelassenheit zu begegnen. Aufgeregtheit oder Übereifer helfen da nicht wei- ter. Die Pandemie ist jedoch eine nie dagewesene Ausnahme- situation. Die Stärke unseres Krankenhausverbundes liegt in der Schlagkraft, die aus der Gemeinschaft entsteht. Gerade jetzt hat sich das wieder einmal gezeigt. Auch unsere Häuser waren teilweise am Limit, die In-
Ein Gespräch mit Stefan Dombert, Geschäftsführer des Krankenhausverbundes der Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria.
tensivstationen komplett über- oder ausgelastet, die Mitarbeiter an der Be-
Träger auch mit ihren Ideen zu beteiligten sind. Das blo- ße Überstülpen einer Pla-
l as tungs- g r e n z e . Und trotz- dem sind wir bislang gut durch die Pan- demie ge- kommen .
nung vom g r ü n e n Tisch kann zu nachtei- ligen Ver- sorgungs- situationen führen. Für die Versor-
Jede Innovation im Krankenhaus muss dem Menschen nutzen.
Ich bin sehr beeindruckt vom Teamgeist und dem Zusammenhalt in den Einrich- tungen. Es wird Großartiges ge- leistet. Darauf bin ich stolz. Enttäuscht bin ich dagegen in Teilen von der Politik. Die vermeintlichen Lösungen, die von manchen Politikern in den Medien gelobt werden, sind umständlich und mitunter unge- recht.
Stefan Dombert eröffnet die Führungswerkstatt im Januar 2020.
gung wichtige Kranken- häuser mit hoher Qualität
könnten dabei einfach durchs Raster fallen. Das System ist zu stark an der Wirtschaftlichkeit ori- entiert. Krankenhäuser sind Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie beispielsweise die Feuerwehr. Die wird ja auch nicht nur bezahlt, wenn es brennt.
E nde 2020 feierte Stefan Dombert, sein 30jähriges Dienstjubiläum. In den drei Jahrzehnten hat Dombert eine Vielzahl von Entwicklungen im Gesundheitswesen miterlebt, zahl reiche Innovationen gemeinsam mit den Einrichtungen auf den Weg gebracht und den Kranken- hausverbund, die Hospitalverei-
nigung St. Marien (HSM), in un- terschiedlichen Funktionen und Positionen maßgeblich mitgestal- tet. Das CellitinnenForum war neu- gierig: Wenn jemand eine so lan- ge Zeit dabei ist, wie erlebt er die aktuellen Entwicklungen auf dem Gesundheitsmarkt – auch vor dem Hintergrund der alles dominieren- den Corona-Pandemie?
Herr Dombert, vielen Dank für das Gespräch! (S.B.)
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CellitinnenForum 02 | 2021
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