Vitamin K 1-2018

Titelthema

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Nicht in Problemstrudel abtauchen Dauerüberforderung ist ein schleichender Prozess. Der Körper beginnt mit ersten Reaktionen wie Verspannungen, Verdauungsproblemen, Schlafstörungen. Werden diese Symptome ignoriert, verstärken sie sich. Die Betroffenen verlieren zunehmend die Freude am Leben; sie beginnen, sich sozial zurückzuziehen und kommen gedanklich aus den Sorgenkreisläufen überhaupt nicht mehr heraus. Jetzt ist es höchste Zeit, sich Hilfe zu holen! Aschenputtel oder bis dass der Tod… Zu 80 Prozent sind die Pflegenden Frauen. Als Töchter wünschen sie sich manchmal drängend eine späte An­ erkennung durch die Mutter. Sobald der „Prinz-Sohn“ auftaucht, wird die „Aschenputtel-Tochter“ unwichtig, ein Kreislauf von Enttäuschung und Sehnsucht kann in Depres­ sionen oder mehr oder weniger verdeckter Gewalt enden. Als Ehefrauen sind sie selbst in einem hohen Alter und werden zunehmend schwächer. Sie fühlen sich dem Verspre­ chen, bis zum Schluss für ihren Partner da sein zu wollen, verpflichtet und können sich oft die eigenen Grenzen kaum eingestehen. Auswege Pflegende müssen nicht alles allein schaffen. Es gibt eine Reihe von Unterstützungsmöglichkeiten. Viel zu selten werden die Kurzzeitpflege von insgesamt sechs Wochen pro Jahr, die Verhinderungspflege oder Tagespflege-Angebote in Anspruch genommen. Oft gibt es auch in der Familie, Nachbarschaft oder im weiteren Umfeld Menschen, die gern zwischendurch helfen oder einspringen – man muss sie nur ansprechen. Wenn wir mal alt sind Die Generation, die heute pflegt, sagt sich sicherlich immer wieder: Ich will das einmal anders machen. Ein wichtiger Schritt der verantwortungsvollen Vorsorge ist eine indivi­ duelle Patientenverfügung. Mit einer Vorsorgevollmacht tut man seiner eigenen Familie einen großen Gefallen und entlastet sie bei wichtigen Entscheidungen.

Wichtige Antworten rund um die Pflege Was können Angehörige übernehmen, wann sollte ein Pflegedienst kommen? Es hängt davon ab, was sich die Angehörigen zu- trauen. Medikamentengabe ist oft nicht jedermanns Sache. Natürlich können Angehörige pflegerische Tätigkeiten erlernen. Beim Pflegedienst bestimmt der Pflegegrad den Umfang der Betreuung. Wird zusätzlich mehr Betreuung gewünscht, muss das aus eigener Tasche gezahlt werden. Wo beantrage ich Pflegegeld? Bei der jeweiligen Pflegekasse beantragt man den Pflegegrad. Der Medizinische Dienst der Krankenkas- sen (MDK) kommt dann zur Prüfung vorbei. Die Pfle- gekasse, ebenso wie die Pflegestützpunkte, bieten auch kostenlose Pflegeberatungen an. Was kann ich beantragen, was steht mir zu? Hilfsmittel wie Pflegebett, Rollator, Rollstuhl etc. kann man beantragen. Es gibt auch Unterstützung zur Wohnraumanpassung, z.B. für ein behindertenge- rechtes Bad. Hygieneartikel, Inkontinenzmaterialien, Handschuhe können ebenfalls bezuschusst werden. Pflegekurse für die Angehörigen sind kostenlos. Was mache ich, wenn ich in Urlaub fahre? Mit Pflegegrad hat man Anspruch auf weitere Unter- stützung. Im Urlaubsfall kann das die Verhinderungs- pflege sein (längstens sechs Wochen je Kalenderjahr). Kann ich Pflege und Beruf vereinbaren? Pflegende Berufstätige können sich bis zu sechs Monate freistellen lassen, sagt das Pflegezeitgesetz. Es hängt es vom Arbeitgeber und der Tätigkeit ab, ob das zu realisieren ist. Gibt es auch stundenweise Entlastungs­ angebote? Was ist eine Tagespflege? Die Tagespflege ist eine teilstationäre Einrichtung für pflegebedürftige Menschen, damit ist eine stunden- weise Entlastung der Angehörigen möglich. Haben Sie weitere Fragen zum Thema Pflege? Dann wenden Sie sich gerne an die Pflegeberaterin

Pflege ist ein Kraftakt

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Bei seelischen Belastungen hilft die anonyme Online-Beratung

Die Internetseite www.pflegen-und-leben.de ist ein Hilfe-Portal für Angehörige, Freunde und Nachbarn, die pflegebedürftige Menschen daheim versorgen. Das Angebot bietet neben vie- len Tipps und Hilfestellungen eine kostenlose, psychologische Online-Beratung.

digitales Postfach ein und können sich einloggen, wann sie wollen. Die Anliegen schriftlich zu formulieren, hat sich als der effektivste Kommuni­ kationsweg erwiesen. Die Schriftform bietet die Möglichkeit, sich mehr zu fokussieren und über das nachzuden­ ken, was auf der Seele brennt. Zusätz­ lich wird aber auch ein Video-Chat angeboten. Erlaubnisraum öffnen In der Online-Beratung von pflegen- und-leben.de darf alles gedacht bzw. geschrieben werden. Gewissensnöte, Entscheidungsängste oder Schuld- und Schwächegefühle dürfen aus­ gesprochen werden. Mit den Bera­ terinnen geht es dann darum, nach Auswegen und Lösungen zu suchen.

wendig, bis Lösungswege miteinander entwickelt wurden. Bei weiterem Klärungsbedarf werden die Betrof­ fenen an eine Beratungsstelle vor Ort verwiesen. Vitamin K hat Imke Wolf, Psychologin, Psychotherapeutin und Leiterin der Online-Beratung pflegen-und-leben.de, gebeten, einige wichtige Themen aus der Beratungs­ praxis zu nennen: Anonyme Online-Begleitung Die Online-Beratung von pflegen- und-leben.de kann völlig anonym genutzt werden, weil das Thema, in der Pflege an die Grenzen zu kommen, höchstpersönlich und mit großer Scham, Versagensgefühlen und Gewissensnöten besetzt ist. Die Ratsuchenden richten sich selbst ein

Im Schnitt wenden sich monatlich 100 bis 150 Pflegende an die digitale Beratungsstelle, in der fünf geschulte Psychologinnen und Psychotherapeu­ tinnen tätig sind. Jede Anfrage wird individuell beantwortet. Meist sind bis zu acht ausführliche Kontakte not­

der Kölner Cellitinnen-Seniorenhäuser: Arlette Wetzel, Tel 0221 940523-942 arlette.wetzel@cellitinnen.de

Foto: © Passstudio

Imke Wolf

Vitamin K – Das Gesundheitsmagazin für Köln – Ausgabe 1.2018

Vitamin K – Das Gesundheitsmagazin für Köln – Ausgabe 1.2018

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