CF_02_22_web_finale_Fassung

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02 | 2022

CellitinnenForum

Zeitschrift der Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria

„He Schäl, sprichst de och Hudütsch?“

„Nä, Tünnes, ming sprooch is dat Kölsche!“

Ming Sprooch

Wir bilden Dich aus zur Pflegefachkraft (m/w/d) systemrelevant & krisensicher Du verdienst in Deiner Ausbildung: 1. Jahr 1.235 EURO 2. Jahr 1.296 EURO 3. Jahr 1.398 EURO Urlaubs- und Weihnachtsgeld In unseren 19 Seniorenhäuser engagieren sich über 1.800 Mitarbeiter in den Regionen: +

Seniorenhaus GmbH der Cellitinnen zur hl. Maria Graseggerstraße 105 • 50737 Köln seniorenhaus-bewerbung@cellitinnen.de www.cellitinnen.de KÖLN/KLEVE BONN DÜREN

WILLKOMMEN

Willkommen

„Tach Jung“, so werde ich bis heute von meiner Mutter begrüßt. Unterhalte ich mich mit ihr, falle ich automatisch ins ‚Troisdorfer Platt‘, das mir von Kindesbeinen an geläufig und mehr oder weniger mit dem Kölschen identisch ist. Der Dialekt drückt meineVerbunden-

heit zu dieser Region aus. Mit seiner Sprachmelodie spiegelt das Rhei- nische für mich eine Mentalität wider, bei der mir das Herz aufgeht: Offenheit, Gemeinschaftssinn, Feierfreude und Gastfreundschaft.

Ist es schon für Einheimische nicht immer einfach, Dialekte wie Kölsch, Bönnsch oder das Bergische zu verstehen, wie fremd klingen die Mundarten erst in den Ohren unserer ausländischen Kollegen? Nicht genug damit, dass sie die deutsche Sprache sicher beherrschen müssen, um ihre berufliche Anerkennung zu bekommen. In den Einrichtungen haben sie es dann oft mit Be- wohnern und Patienten zu tun, denen ein Dialekt geläufiger ist als das Hochdeutsche. Da wird dann aus Sauerkraut plötzlich ‚suure Kappes‘ oder ‚Suerkruut‘.

Es braucht schon Ausdauer, starke Nerven und wie Sie lesen werden Humor, um unsere Sprache mit ihren regi- onalen Eigenheiten zu erlernen. Als wir uns in der Redaktionskonferenz mit dieser Aus- gabe des CellitinnenForums beschäftigten, suchten wir nach einem locker-leichten Sommerthema und fanden es in ‚Ming Sprooch‘. Die Artikel waren nahezu alle ge- schrieben, da wurde die Ukraine überfallen. Vom ersten Tag an sammelten unsere Mitarbeiter Geld, Medikamen- te und Sachspenden oder nahmen Geflüchtete auf. Die vielen Aktionen laufen seitdem unermüdlich weiter. Be-

Der Dialekt drückt meine Verbundenheit zu unserer Region aus.

sonders ans Herz legen möchte ich Ihnen daher die Seiten 62-65. Dort finden Sie einen Überblick über die vielen, uns bis zum Redaktionsschluss bekannten Aktivitäten.

Trotz der schrecklichen Nachrichten, die uns täglich erreichen, wünsche ich Ihnen: Kumme Se jood durch d`r Summer!

Herzlichst Ihr

Thomas Gäde, Geschäftsführer der Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria

Foto: Melanie Zanin

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INHALT

Inhalt

30

16

36

F UNDAME N T

F ORUM

6 Meldungen 9 Porträt: Benjamin Haneburger

28 GeistReiches Sprechen 30 Ein Tag mit ... 32 „Was ist es, das ich jetzt für dich tun kann?

T H EMA

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Dialekte bereichern die Sprache

KOMP E T E N Z

14 Spanisch, Deutsch, Mundart 16 Deutsch lernen im Schnelldurchlauf 17 85 Nationen – 85 Sprachen 18 Namaste und Guten Tag 20 Wie sprechen wir mit Patienten mit Demenz 22 Ohne Worte 24 Identität und Sprache

36 Berufe im OP 39 Eng vernetzt 40 Der lange Weg zum Facharzt 42 Mit den Enkeln um die Wette schwimmen 44 Rheuma interdisziplinär behandeln 46 Das lange Erbe der Pandemie

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INHALT

52

69

62

47 Na ‚Bravo‘ 48 „Es gibt so viel mehr als Tennisarm“ 50 Wie aus Fremden Freunde werden 51 Anspruch auf Zweitmeinung gesichert

ME N S CH E N

62 Hilfe für die Ukraine 66 Armut vor der Haustür 68 Die Geschenkewerkstatt 69 Im Gespräch mit ‚der Amsel‘ 70 Ein Leben für St. Anna in Köln

52 Darmkrebs kann jeden treffen 54 Mit neuer Schulter wieder fit

55 ‚Knorpelchips‘ fürs Knie 56 Was macht eigentlich die ProServ Instruments 58 Es geht wieder nach draußen 58 Die grüne Seite: Sonnenpower für das St. Marien-Hospital

S TA NDA RD S

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Editorial

71 Rätsel 72 Unsere Krankenhäuser 75 Unsere Seniorenhäuser 74 Impressum

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FORUM

Meldungen

Die Klinik für Innere Medizin/Gastroentero- logie am Kölner St. Franziskus-Hospital hat einen neuen Chefarzt. PD Dr. Oliver Al-Taie hat die Leitung zum 01.04.2022 übernom- men. Der 56-jährige gebürtige Mannheimer ist Facharzt für Innere Medizin und Gast- roenterologe mit der Zusatzbezeichnung Palliativmedizin. Von 2011 bis 2022 war er Chefarzt am Sankt Elisabeth Hospital in Gü- tersloh. Umfassende Erfahrung bringt er in der interventionellen Endoskopie und onko- logischen Gastroenterologie mit. Außerdem ist er Diabetologe (DDG), Ernährungsme- diziner (DEGM) und hat einen Lehrauftrag an der Julius-Maximilians-Universität Würz- burg. „In der Profilierung der diagnostischen und therapeutischen Endoskopie sehe ich viel Potenzial“, freut sich Al-Taie auf die neue Aufgabe. Neuer Chefarzt am St. Franziskus-Hospital

Save the Date: 20.August 2022

Anlässlich des Festwochenendes zum Vee- delsjubiläum ‚1.100 Jahre Köln-Longerich‘ ist geplant, dass sich das Heilig Geist-Kranken- haus am 20. August 2022 von 10:00 bis 17:00 Uhr mit einem Tag der offenen Tür beteiligt. Das Krankenhaus, inmitten der Gartenstadt Nord gelegen, öffnet dann seine Tore für alle Interes- sierten des Viertels und darüber hinaus. Vorbe- reitet werden Aktionen rund ums Krankenhaus und eine informative und spannende Rallye mit verschiedenen Stationen. Wer Lust hat, hinter die Kulissen zu schauen, kommt gerne vorbei. Kinder sind herzlich willkommen. Bei schönem Wetter sind die Gäste zudem dazu eingeladen, mit dem Rad auf das Gelände zu fahren – Stell- plätze sind vorhanden.

Grafik: Getty Images

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FORUM

Drive-in-Sprechstunde zur Herzschrittmacherkontrolle

Die Klinik für Kardiologie und Rhythmologie am Kölner St. Vinzenz-Hospital zeigt sich unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie einfallsreich. Oberarzt Dr. Stefan Winter entwi- ckelte eine besondere Sprechstunde, um Pati- entenkontakte im Krankenhaus zu reduzieren. Herzschrittmacher-Kontrollen werden nun in die Einfahrt des Haupteinganges Merheimer Straße verlagert, wo die Patienten in einer ‚Drive-in- Herzschrittmacherambulanz‘ versorgt werden. Mit Hilfe einer neuen telemetrischen Abfra- geeinheit werden die Herzschrittmacher-Daten nahezu kontaktlos in die Herzschrittmacherda- tenbank übertragen, wo sie vom Arzt bewertet werden. Bei unauffälliger Kontrolle fährt der Patient nach Hause, bei Behandlungsbedürf- tigkeit erfolgen noch vor Ort die Instruktion des Patienten und falls nötig weitere Untersuchun- gen im Krankenhaus oder in den Räumen der angeschlossenen kardiologischen MVZ-Praxis.

Professor Valentin Fuhrmann übernimmt Klinik für Innere Medizin

Zum ersten April übernahm Professor Dr. Valentin Fuhrmann als neuer Chefarzt die Klinik für Innere Medizin am Kölner Heilig Geist-Krankenhaus. Der gebür- tige Österreicher war bis zuletzt Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie am Evangelischen Krankenhaus Duisburg-Nord. Unter Fuhrmann wird weiterhin das gesamte inter- nistische Spektrum einschließlich internistischer Intensivmedizin an- geboten, wobei der Schwerpunkt einer hochwertigen gastroente- rologischen (Magen-Darm-Trakt) und hepatologischen (Leber, Galle und Gallenwege) Versorgung für die Patienten im Kölner Norden weiter geschärft wird. Besonders eng wird deshalb die Zusammen- arbeit mit dem von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Darmkrebszentrum am Heilig Geist-Krankenhaus sein.

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FORUM

Abläufe erleichtert

Ein Krankenhausaufenthalt ist nicht nur mit Fragen und Ängs- ten verbunden, sondern erfor- dert in vielen Fällen auch eine weitere medizinische Betreu- ung. Um diesen Erfordernissen gerecht zu werden, startet im Frühjahr imWuppertaler Krankenhaus St. Josef, analog

zum Pilotprojekt im Petrus-Krankenhaus, die sogenannte Zentrale ElektivAmbulanz (ZEA). Hier finden die Terminsprechstunden der chirurgischen und internistischen Fachbereiche sowie der Anästhe- sie statt. Außerdem werden in der ZEA die Vorbereitungen rund um geplante stationäre Aufenthalte durchgeführt. Die behandelnden Ärzte klären hier die Patienten vor ihrem jeweiligen Aufenthalt über die Narkose sowie den geplanten Eingriff auf. Der große Vorteil an diesem Konzept ist, dass die gesamte Betreuung und Versorgung zentriert an einem Ort und aus einer Hand erfolgt.

Die vakante Stelle der Senioren- hausleitung der Wohnanlage So- phienhof in Niederzier übernahm im März 2022 Dagmar Esser. Mit ihrem Wechsel wurden gleich zwei Leitungspositionen frei: Stefan Burghaus, Leiter des Cellitinnen- Seniorenhauses St. Gertrud, übernahm von Esser zusätzlich die Leitung des Seniorenhauses Christinenstift in Nideggen. Neu im Bund der Seniorenhausleiter ist Nadja Pazzini. Sie übernahm von Esser die Leitung des Senioren- hauses Marienkloster in Niederau. Seit 2013 koordinierte Pazzini die Sozial-Kulturelle-Betreuung im Dürener Cellitinnen-Seniorenhaus St. Gertrud. Die studierte Sozial- pädagogin hat den Masterstudien- gang ‚Management von Gesund- heits- und Sozialeinrichtungen‘ an der TU Kaiserslautern absolviert. Praktische Führungserfahrung sammelte sie als Interims- und als kommissarische Leitung in Ein- richtungen in Würselen und Köln. Um- und Neubesetzung in der Region Düren

Let´s talk about … Post-COVID

Seit Anfang des Jahres bietet das am Kölner St. Marien- Hospital ansässige Neurologische The- rapiecentrum (NTC) von Post-COVID betroffenen Patienten eine Plattform für den Austausch unterei-

nander. „Wir haben bei unseren Rehabilitanden eindeutig den Bedarf gesehen und da es in Köln bisher keine Selbsthilfegruppe gab, haben wir kurzerhand selbst eine ins Leben gerufen“, so die Verwaltungsleiterin des NTC, Juliane Gröbe, die sich um die Or- ganisation gekümmert hat. Die Gruppe trifft sich regelmäßig am ersten Dienstag jeden Monats um 18:00 Uhr im Aufenthaltsraum. Da die Teilnehmerzahl aufgrund der Corona-Vorschriften begrenzt ist, bittet das NTC um vorherige Anmeldung: 0221 1629-7030 oder info.ntc@cellitinnen.de.

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P O R T R Ä T

Benjamin Haneburger

Plattdütsch & Kölsch: Ein Ostfriese ist OP-Manager im Kölner St. Franziskus-Hospital

Herr Haneburger, an Ihrer Sprache hört man, dass Sie kein gebürtiger Rheinlän- der sind. Woher kommen Sie? Ich komme aus Norddeutschland. Genauer gesagt aus Norden, das liegt im Landkreis Aurich. Dort bin ich aufgewachsen und habe die ersten 17 Jahre meines Lebens gelebt. Mit 17 Jahren bin ich wegen der Ausbildung ins Rheinland gekommen. Damals war es sehr schwer, in Ostfriesland eine Lehrstelle zu finden. So habe ich eine Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpfleger in Solin- gen begonnen. Als ich dann meine damali- ge Freundin und jetzige Ehefrau kennenge- lernt habe, bin ich hiergeblieben und habe im Rheinland Wurzeln geschlagen. Seit November 2021 sind Sie OP-Manager im St. Franziskus-Hospital. Was sind Ihre Aufgaben? Als OP-Manager bin ich dafür verantwort- lich, dass die Prozesse im Operations- bereich optimal laufen. Dazu gehört die Steuerung aller OP-Kapazitäten inklusive Personalplanung, Ausfallmanagement und OP-Plan-Besprechung. Ich erstelle auch Wie hat es Sie ins Rheinland verschla- gen?

Statistiken und Prozessanalysen. Das Auf- gabengebiet ist sehr vielfältig.

Wie wird man denn OP-Manger? Der handwerklich-technische Bereich hat mich schon immer fasziniert, deshalb bin ich nach dem Examen in den OP gegangen. Ich habe sehr viel Praxiserfahrung gesam- melt, habe mich als Fachkrankenpfleger für den Operationsdienst und in Fachkunde für Sterilisation weitergebildet. Die Ausbildung zum OP-Manager habe ich vor fünf Jahren absolviert. Ich war dann bei den Städtischen Kliniken Köln und zuletzt in Mettmann im OP- Management tätig, bevor ich zum St. Franzis- kus-Hospital gewechselt bin. Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit? Die Vielseitigkeit mag ich sehr. Immer wieder gibt es neue Herausforderungen zu meistern. Der Beruf ist sehr abwechslungsreich. Ich mag auch die familiäre Atmosphäre hier. Es ist halt viel Arbeit, aber es macht mir Spaß! Haben Sie einen Lieblingsspruch oder ein Motto? Ich sage immer: Wat mutt, dat mutt! Das ist sehr norddeutsch, kommt aber auch im Rheinland sofort an. (I.G.)

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Grafik: Getty Images, Sonja Bender

Thema Ming Sprooch

THEMA

Dialekte bereichern die Sprache

Schleef

Stropp

Schlöpp

W ie unterschiedlich be- stimmte Ausdrücke aus- fallen, hatte die Redaktion des Mitarbeitermagazins der Senio- renhaus GmbH über einige Jahre gesammelt. Dabei wurden einzel- ne Worte oder Redensarten aus den Regionen der Seniorenhäuser in den jeweiligen Dialekt übersetzt. In Zweifelsfällen wurden Dialekt- Wörterbücher zu Hilfe genommen. Bei der Schriftsprache gibt es oft Unstimmigkeiten – selbst unter den alteingesessenen Dialektsprechern. Das Ergebnis waren Varianten auch innerhalb einer Region bis

Was haben ‚Stropp‘, ‚Schlöpp‘ und ‚Schleef‘ gemeinsam? Auf Hochdeutsch bedeuten sie alle dasselbe: Schleife. ‚Stropp‘ sagt man auf Kölsch dazu, ‚Schlöpp‘ am Niederrhein und ‚Schleef‘ im Dürener Raum.

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THEMA

Schotteplack

auch Varianten in der Aussprache, Betonung sowie im Sprachfluss. Das kennzeichnet vor allem den rheinischen Dialekt, der aufgrund seiner fortlaufenden Sprachmelo- die oft als ‚Rheinischer Singsang‘ verspottet wird. Dialekte sind aufgrund ihrer jahr- hundertelangen Tradition sehr ursprünglich und bildhaft. Dabei bringen vor allem Redensarten Dinge auf den Punkt. So sagt man auf Kölsch ‚Dä ess von der Läuv (Speicher) en der Keller je- falle‘, was bedeutet: Der ist tief gesunken. Oder am Niederrhein sagt man, wenn jemand keinen Schwung hat: ‚Der hat kein Ka- wuppdich.‘ Das klingt schon so, als hinge jemand nur noch schlaff im Sessel rum – selbst wenn man die Worte gar nicht versteht. Auch im Bergischen gibt es Dialek- te, die unsere Wuppertaler Leser bestimmt kennen. So bringt der Satz ‚Et iss jenug, ich bin schon plüstig.‘ zum Ausdruck, dass man genug gegessen hat und bereits satt und müde ist. Oder die Auffor- derung ‚Giffss mich es et Pitter?‘ ist eine Bitte das Schälmesser zu reichen. Viele Menschen glauben indes, sie hätten weder eine regionale Spracheinfärbung noch sprächen sie einen Dialekt.Wer dann aber in eine andere Region Deutschlands fährt, wird schnell eines Besseren belehrt. Dort nämlich wird man als Rheinländer identifiziert – ohne Unterscheidung, ob aus Kleve, Düren, Köln, Bonn, Wuppertal oder Bad Münstereifel. (C.L.)

Köchehanddoch

hin zu unterschiedlichen Bezeich- nungen für dieselbe Sache am gleichen Ort oder im selben Haus. So heißt das Küchenhandtuch offiziell in der Dürener Mundart ‚Schotteplack‘, was auf sein Karo- muster verweist. Viele Menschen, die dort leben, benutzen aber die Kölsche Variante ‚Köchehand- doch‘, die näher am Hochdeut- schen ist. Am Niederrhein heißt es übrigens ‚Telderduck‘. In Dialekten wird also zumeist etwas danach bezeichnet, wie es aussieht oder wo oder für was man es verwen- det. Bei der Bezeichnung für Fahr-

rad fallen in den Regionen die Einflüsse benachbarter Sprachen auf. Beispielsweise ‚Velo‘ in der Eifel (wie auf Luxemburgisch) oder ‚Fitz‘ im Klever Land (ähnlich wie das niederländische fiets).

URSPRÜNGLICH UND BILDHAFT

Dialekte sind vielfältig und kennen zahlreiche Ausformungen. Das macht sie so besonders und re- gional spezifisch. Natürlich finden sich nicht nur unterschiedliche Worte für dasselbe Ding, sondern

Grafik: Getty Images, Sonja Bender

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THEMA

Spanisch, Deutsch, Mundart

Der gebürtige Peruaner Leandro Castro lernte die deutsche Spache und entdeckt dabei seinen Faible für den Kölner Dialekt.

Äädäppel

ErdÄpfel

Kartoffeln

I m Kölner Seniorenhaus Heilige Drei Könige arbeite ich, Leandro Castro aus Peru, seit 2014 als Alltagsbetreuer im Team der Sozial- Kulturellen-Betreuung (SKB). Ich hoffte, dadurch meine Deutsch- kenntnisse zu erweitern, was mir auch gelang. Aber mit der Zeit merkte ich, dass das Hochdeutsche in der Kommunikation mit den Se- nioren nicht ausreichte. Überall im Haus begegnete mit der ‚Kölsche Dialekt‘. Und so fing ich an, mich mit der Mundart zu beschäftigen.

und Seif (Seife) habe ich schnell

Ich hatte Glück, denn wenn mei- ne Frau mit meiner Schwiegermutter spricht,

kennengelernt.

MIT GESANG DIE SPRACHE LERNEN

kommunizieren die beiden meis- tens ‚op Kölsch‘. Mit der Zeit konn- te ich ihren Gesprächen immer mehr folgen, obwohl sie mit mir nur hochdeutsch sprechen. Das erste Wort, an das ich mich erin- nere war ‚Schavu‘, das auf Hoch- deutsch Wirsing heißt und das Lieblingsgemüse meiner Schwie- germutter ist. Auch ‚Kies´(Käse)

Ich fand eine gute Methode, um eine Sprache oder eine Mund- art zu lernen: die Musik. Seitdem bin ich ein großer Fan deutscher Volks- und kölscher Karnevals- lieder. Auch die Bewohner haben Spaß daran zu singen, egal ob

Grafik: Getty Images, Sonja Bender

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THEMA

Hochdeutsch oder Mundart. Die Lieder von den Bläck Fööss sind zum Beispiel sehr beliebt. Die Band ist schon so lange auf dem Markt, so dass die Lieder auch bei der älteren Generation bekannt sind. Sie werden bei unseren mu- sikalischen Begegnungen im Se- niorenhaus gerne mitgesungen, sofern die Lage der Pandemie das Singen zulässt. So verbindet uns die Musik, egal ob alt oder jung, ob aus Deutschland oder Peru, ob auf Hochdeutsch oder Kölsch. Auch spanische Lieder sind bei den Be- wohnern sehr beliebt, besonders das Weihnachtslied ‚Felíz Navidad‘ wird von allen gerne gesungen. Die kölschen Lieder mit ihren schö- nen Melodien animieren die Bewoh- ner auch zum Mitmachen. Es wird fleißig mitgeklatscht oder geschun- kelt und an der Mimik – seit Corona wegen der Masken nur an den Au- gen - kann man erkennen, dass alle mit viel Freude bei der Sache sind. Auch zu den Mahlzeiten kann ei- nem etwas Kölsches begegnen: zum Beispiel das Gericht ‚Himmel un Ääd‘ aus Kartoffelpüree und Apfelmus. Solche Gelegenheiten geben mir die Chance, mit den Be- wohnern ins Gespräch zu kommen. Zum Beispiel erklären sie mir, dass die Kartoffel im Rheinland auch Erdapfel genannt wird, oder ‚Him- mel‘ für die Äpfel an den Bäumen und ‚Erde‘ für die Kartoffeln in der Erde stehen. Viele kennen dieses Gericht noch aus ihrer Kindheit oder Jugend und freuen sich, wenn es so ein traditionelles Essen im Seniorenhaus gibt. Das weckt Er-

‚bald‘, weil ich natürlich weiß, dass die Kaffeemaschine noch einige Minuten braucht. Leider ist durch Corona die Kom- munikation schwerer geworden, denn dadurch, dass wir bei der Arbeit eine Maske tragen, fehlt die Mimik in der Kommunikation mit den Bewohnern. Sie können nicht sehen, ob wir sie zum Beispiel freundlich anlächeln. Auch Singen war und ist teilweise nicht oder nur eingeschränkt erlaubt und somit sind viele Dinge, die für uns im- mer normal waren, in Zeiten der Pandemie nicht oder nur einge- schränkt erlaubt. In Köln heißt es „et hätt noch im- mer jotjejange“, und so hoffen wir, dass wir bald wieder unein- geschränkt zusammen kommu- nizieren und singen können, egal ob auf Hochdeutsch, Kölsch oder sogar auf Spanisch. (L.C.)

innerungen. Während sie mir dann alles über ihre ‚Äädäppel‘ erzählen, kann ich Geschichten aus meiner Heimat Peru beisteuern, denn von dort kommt die Knolle ursprünglich.

KLEINE SPRACHFINESSEN

So langsam steige ich auch in die Feinheiten der deutschen Sprache ein. Das Wort ‚gleich‘, oft verwen- det in „Ich mache das gleich“, be- deutet im Hochdeutschen ‚nach- her‘ und nicht ‚sofort‘. Wenn mich manchmal eine Bewohnerin zum Frühstück fragt: „Herr Castro, ich habe noch nicht meinen Kaf- fee bekommen“. Ich antworte ihr: „Gleich werden Sie von mir lecke- ren Kaffee bekommen, ein kleines bisschen Geduld bitte noch. Dan- keschön für ihr Verständnis“. Hier nutze ich ‚gleich‘ im Sinne von

Leandro Castro

Foto: privat

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THEMA

Deutsch lernen im Schnelldurchlauf

Wir haben drei Pflegekräfte, die mit ausländischem Berufsabschluss ans Kölner St. Franziskus-Hospital gekommen sind, nach ihren Erfahrungen gefragt. IhreWege waren verschieden. Alle drei verbindet, dass sie innerhalb kürzester Zeit Deutsch auf dem Niveau B2 verstehen und sprechen gelernt haben. (I.G.)

„Vor gut drei Jahren bin ich ohne ein Wort Deutsch zu können aus Nord- Mazedonien nach Köln gekommen. Ich hatte Kontakte in Ehrenfeld, habe mich selbst darum gekümmert, eine Stelle im Krankenhaus zu bekom- men. Deutsch habe ich zuerst durch Freunde und deutsches Fernsehen gelernt. Dann habe ich auf der Schule natürlich Sprachkurse absolviert und 750 Stunden Praxis und 340 Stunden Theorie nachgeholt. Bei so viel Praxis lernt man dann die Sprache automa- tisch.“

„Im Dezember 2019 bin ich mit einem Pflegeexamen aus Serbien gekom- men. Deutsch konnte ich damals noch nicht. Das habe ich dann durch die Kurse in meinem Anerkennungsver- fahren gelernt. Ich bin stolz, dass ich das in zwei Jahren geschafft habe. Mit meinem Deutsch bin ich noch nicht ganz zufrieden, aber meine Gramma- tik wird immer besser.“

„Ich komme aus einer Krankenpfle- ge-Familie. Meine Mutter und meine Schwestern arbeiten auch in der Pflege. Ich habe meine Ausbildung in Albanien absolviert, allerdings auf einer italienischen Privatuni. So habe ich einen EU-Abschluss und musste ‚nur‘ die Sprachkenntnisse nachweisen. Ehrlich gesagt, das war echt nicht leicht. Aber ich habe mich durchgebissen.“

Mirjana Eric (25), Station A3

Gezim Kasa (32), Station B2/IMC

Filip Trajkoski (28), Station C2

Foto: Harun Mangal

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THEMA

85 Nationen – 85 Sprachen ImVerbund der Cellitinnen zur hl. Maria kommen Menschen aus aller Welt zusammen. Sie arbeiten Hand in Hand, in einem friedlichen Miteinander zumWohl der Patienten, Bewohner und Angehörigen. Einige leben schon seit Jahren in Deutschland, andere kommen aus ihrer Heimat zu uns, um bei uns eine Ausbildung zu machen oder um ihre berufliche Anerkennung zu erhalten.

mi njegujemo Amela Bikic Bosnien

nuhafiz ealayh Muayyad Alasmi Syrien

mir pflaake Christian Hirt Schweiz

mer fläje Ute Whitehead Köln, Deutschland

Weitere Informationen auf Instagram: wirpflegen oder: www.wirpflegen-jobs.de oder www.ergaenzen-sie-uns.de

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THEMA

Namaste und Guten Tag

Vor 36 Jahren kam die indische Ordens- schwester Georgia (li.) nach Deutschland. Erste Deutschkenntnisse erlangte sie in der Berlitz Sprachschule in Köln. Schwester Rency, ebenfalls von den Teresian Carmelites (CTC) lebt seit 25 Jahren hier. A nfangs fiel ihr die Kommuni- kation sehr schwer, vor allem mit Patienten und Bewoh-

sie so ein, so dass die Kommunika- tion manchmal auch pantomimisch stattgefunden hat. Das hat lustig ausgesehen, aber in der Regel gut funktioniert. Zuweilen kam es zu sprachlichen Missverständnissen, wenn Worte beim Gegenüber auf- grund der Aussprache falsch ver- standen wurden, zum Beispiel die Verwechslung der Wörter ‚dumm‘ und ‚dünn‘. Missverständnisse die- ser Art sorgten häufig für herzhaftes Lachen – auf beiden Seiten. In der Arbeit mit Patienten und Bewohnern hat die Kommunikation trotz anfäng- licher Sprachschwierigkeiten immer funktioniert, wenn es auch oft mehr Zeit in Anspruch genommen hat. Schwester Georgia berichtet von

nern. Das Verstehen des Gegen- übers gelang ihr mit der Zeit immer besser. Viel schwieriger war es für Schwester Georgia, die Entgegnun- gen und Antworten zu formulieren. Sie berichtet, dass sie auf die non- verbale Kommunikation angewie- sen war. Mimik und Gestik setzte

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THEMA

Hallo.Danke.Ja. Podcast für Pflegende aus dem Ausland

guten Erfahrungen mit Bewohnern und Patienten. Diese haben sie auf eine nette und respektvolle Art und Weise korrigiert, wenn sie mal ein Wort nicht richtig ausgespro- chen hatte. Das hat Mut gemacht. Schwester Georgia ist davon über- zeugt, dass die liebevolle und zuge- wandte Betreuung oft viel wichtiger für Patienten und Bewohner waren und sind, als der perfekte Sprachge- brauch. Schwester Rency lebt seit 1996 in Deutschland und berichtet über ähnliche Erfahrungen. Auch sie hat viel Hilfsbereitschaft von Bewohner, Patienten, Mitschwestern und Kol- legen erfahren. Sie betont, dass ihr der Humor stets geholfen habe. Das gemeinsame Lachen ist für sie bis heute eine gute Basis für eine ge- lungene Kommunikation. Es sorgt für eine heitere und gelassene Stim- mung im Betreuungsalltag. Schwes- ter Rency gibt folgenden Tipp: „Das Schamgefühl, etwas Falsches zu sagen, sollte man ablegen. Dann fällt es viel leichter, eine Sprache zu lernen.“ Heute macht ihr die Spra- che keine Probleme mehr. Bei ihrer täglichen Arbeit wendet sie sowohl die verbale als auch weiterhin die nonverbale Kommunikation an. Vor allem bei Bewohnern, die demen- ziell erkrankt sind oder bei hörge- schädigten Menschen stellt die nonverbale Kommunikation eine sehr gute Methode der Verständi- gung dar. (P.C.)

Ich, Anna Di Biasi, gebe seit rund zwei Jahren für die Krankenhäuser der Stiftung der Cellitinnen zur hl. Maria Deutschkurse für Pflegeschüler aus aller Welt. Ich bin oft amüsiert, erstaunt und gerührt über

die vielen persönlichen Geschichten, die meine Schüler aus ihren Heimatländern mitbringen. Aber auch die sprachlichen Stolpersteine sind oft ein Thema. Das muss erzählt werden, dachte ich mir. Alle paar Wochen habe ich nun einen Intervie- wpartner aus meiner Klasse im Podcast: Hallo.Danke.Ja. zu Gast. Der Podcast kann auf allen gängigen Plattformen (Spo- tify und Co.) abgerufen werden. Auch auf der Homepage des Krankenhauses finden Sie ‚Hallo.Danke.Ja.‘, und zwar unter: www.hgk-koeln.de/pflege/pflege-podcast

Ansprechpartnerin für ausländische Pflegekräfte

Ausländische Pflegekräfte brauchen eine abgeschlossene Krankenpfle- geausbildung und ein B1-Deutsch- zertifikat aus ihrem Heimatland. Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine Tätigkeit bei uns. Sobald die Pfle- gekräfte bei uns ankommen, bin ich, Nihada Celicovic (Foto), ihre zentra- le Ansprechpartnerin. Ich kümmere mich um die Einarbeitung, mache den

ersten Rundgang und bin darüber hinaus da, wenn auch mal Fragen jenseits der Arbeit aufkommen. Unsere Pflegekräfte bekommen zum Start ein Lehrbuch ‚Deutsch im Krankenhaus‘. Dort lernen sie deutsche Fachausdrücke und Redewendun- gen aus dem Krankenhausalltag. Um die deutsche Sprache noch zu vertiefen, ermöglichen wir den Pflegekräften einen B2-Deutschkurs mit dem Fokus auf der Pflege.

Foto: Harun Mangal

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THEMA

Wie sprechen wir mit Patienten mit Demenz?

Ein Krankenhausaufenthalt ist für Menschen mit Demenz eine besonders schwierige Situation. Wenn die gewohnte Umgebung und die gewohnten Tagesabläufe fehlen, können sich bestehende Symptome schnell verschlimmern. E infache und kurze Sätze, eindeutige Mitteilungen und Fragen, die man mit sich eine insgesamt respektvolle und wertschätzende Gesprächs- atmosphäre auf Augenhöhe.

Ja oder Nein beantworten kann: So sind die Grundregeln für die Kommunikation mit Menschen mit Demenz. „Wenn wir mit Pa- tienten mit Demenz sprechen, geht es aber um mehr als eine klare und eindeutige Sprache“, erklärt Janine Maaßen, Demenz- beauftragte am St. Vinzenz- Hospital. „Es geht auch um eine innere und äußere Haltung, die wir dem Patienten gegenüber einnehmen.“ Die klare und ein- deutige Sprache und Ansprache werden durch Ruhe, Respekt, Abgrenzung („Ich“ und „Sie“ statt des vereinnahmenden „Wir“ oder respektlosen „Du“) und Augenhö- he begleitet. „Ich lasse meinem Gegenüber Zeit, zu verstehen, und stelle mich auf sein Tempo ein“, erläutert Maaßen. So ergibt

Dennoch gibt es auch immer wieder Patienten, die auch mit Sprache nicht mehr zu erreichen sind. „Dann versuchen wir, mit Mimik, Gestik und Berührungen die grundlegende Kontaktaufnah- me herzustellen“, berichtet die Demenzbeauftragte. Besonders schwierig wird dies, wenn es zum Beispiel um Schmerzen geht. „Mit einem Beurteilungsbogen beob- achten wir den Patienten zunächst zwei Minuten lang:Wie ist seine At- mung? Gibt es negative Lautäuße- rungen wie Ächzen oder Stöhnen? Wie ist der Gesichtsausdruck?Wie ist die Körpersprache? Benötigt der Patient Trost?“ Anhand einer Punktskala kann dann ermittelt werden, ob beispielsweise eine Schmerzmittelgabe notwendig ist oder nicht. (K.M.)

Für die Begleitung von Men- schen mit Demenz im Kran- kenhaus bilden wir Ehrenamt- ler aus. Diese begleiten dann Patienten zu Untersuchungen, helfen beim Essen und sorgen dafür, dass sie sich im Kran- kenhaus aufgehoben fühlen. Maximale Einsatzzeit sind 33 Stunden pro Monat, die ehrenamtlichen Mitarbeiter bekommen eine Aufwandsent- schädigung. Informationen bei Janine Maaßen, Tel: 0221 7712-4177 oder E-Mail: janine.maassen@ cellitinnen.de Ehrenamtliche gesucht

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THEMA

Sprache zeigt Respekt Die Zauberwörter heißenWürde und Respekt und diese sollen den Bewohnern in den Seniorenhäusern entgegengebracht werden. Das spiegelt sich auch in der Sprache wider.

Seniorenhaus/ Hausgemeinschaften/ Tagespflege Altenheim

Der Sprachgebrauch in den Einrichtungen klingt für den einen oder anderen vielleicht anfangs fremd, doch Mitarbeiter der Seniorenhaus GmbH empfin- den es respektvoller, den Bewohnern das Essen zu reichen, anstatt sie zu füttern. Die Verwendung bestimmter Begriffe gehört heute zu den Qualitäts- standards der Seniorenhaus GmbH der Cellitinnen zur hl. Maria. Bewohner könnten durch einige For- mulierungen herabgewürdigt werden, denn Dinge wie ‚Pampers‘ oder ‚Füttern‘ verbinden Menschen in der Regel mit Babys, und mit ihnen sollen Bewohner nicht auf eine Ebene gestellt werden. „Angefangen hat alles Mitte der 90er Jahre mit dem Wort ,Altenheim‘. Für uns waren die Wörter ,Alten‘ und ,Heim‘ negativ konnotiert. Da hatten wir die Idee, unseren würdevollen Umgang mit den Bewoh- nern nicht nur in unseren Leitlinien festzuhalten, sondern auch in unserer Sprache. Aus Altenheim wurde Seniorenhaus, aus Station wurde Wohnbe- reich und aus der Krücke eine Gehhilfe.“, erklärt An- selmo Knoblauch, Leiter des Cellitinneninstituts für Qualitätssicherung der Seniorenhaus GmbH. Damit grenzen sich die Seniorenhäuser von anderen Pfle- geeinrichtungen ab. Hierdurch sollen Bewohner und Mieter nicht nur „in guten Händen“ sein, wie der Cel- litinnen-Slogan verspricht, sondern vielmehr auch verbal mit Würde und Respekt behandelt werden. „Sprache prägt uns und wir werden durch öffentli- che Diskussionen regelmäßig dazu angeregt, un- seren Sprachgebrauch der Zeit anzupassen. Auch an uns sind die Diskussion rund um das ,Gendern‘ beispielsweise nicht vorbeigegangen. Aus diesem Grund haben wir uns in diesem Jahr unter anderem dazu entschieden, in den Einrichtungen aus Mitar- beiter/innen Mitarbeitende zu machen. Es ist ein nie endender Prozess und die Rückmeldungen dazu sind stets positiv, weshalb wir weiter im Ball bleiben“, beteuert Knoblauch. (R.K.)

Bewohner versorgen Bewohner fertig machen

Mitarbeitende Mitarbeiter/innen

Wohnbereich Station

Empfang Pforte

Schutzhose/Vorlage Pampers

Essen anreichen Füttern

Grafik: Getty Images

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THEMA

Ohne Worte Wenn es Schlaganfallpatienten die Sprache verschlägt, sind therapeutische Maßnahmen gefragt.

B ei einem Schlaganfall wird der Blutfluss im Gehirn blo- ckiert – entweder durch eine verstopfte Arterie (Hirninfarkt) oder eine geplatzte Arterie (Hirnblutung). Die Gehirnzellen, denen sauerstoff- reiches Blut entzogen wird, können absterben, was dauerhafte Schä- digungen nach sich ziehen kann. „Die Auswirkungen sind vielfältig, es kann zu Lähmungen, Gang- oder Bewegungsstörungen, aber auch zu Sprachstörungen kommen. Ist bei einem Schlaganfall die sprach- dominante Hirnhälfte betroffen – bei 95 Prozent der Bevölkerung ist das die linke Hirnhälfte – können umfas- sende sprachliche Beeinträchtigun- gen die Folge sein und wir haben es mit einer Aphasie zu tun“, erklärt Dr.

Lothar Burghaus, Chefarzt der Kli- nik für Neurologie am Kölner Heilig Geist-Krankenhaus. Bei einer Aphasie sind die Spra- che, das Sprachverstehen sowie das Lesen und das Schreiben be- einträchtigt. Nicht immer sind alle diese Bereiche gleichermaßen betroffen, sodass sich die Sym- ptome unterschiedlich darstellen können. So können Betroffene vor allem in der Sprachprodukti- on beeinträchtigt sein, sodass sie nur noch einzelne Wörter oder kurze Sätze sprechen können, trotzdem aber alles verstehen. Andererseits kommt es vor, dass Betroffene ihr Sprachverständ- nis verlieren und eine sprachli- che Kommunikation kaum noch

Ist bei einem Schlaganfall die sprachdominante Hirnhälfte betroffen, können umfassende sprachliche Beeinträchtigungen die Folge sein.

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möglich ist. Die schwerste Form ist die ‚globale Aphasie‘, bei der Sprachproduktion und Sprach- verständnis gestört sind. „Nach einem Schlaganfall ist es wichtig, solche Sprachstörungen rasch zu erkennen, damit schon früh mit entsprechendem Training begonnen werden kann“, sagt Lothar Burghaus, „daher beginnt das logopädische Training bereits auf der Stroke Unit (auf Schlag- anfallpatienten spezialisierte In- tensivstation) “. Was können aber Patienten tun, deren Sprachstö- rungen nicht von alleine abklin- gen? „Wir haben sowohl im stationären Bereich in der Frührehabilitation als auch in der ambulanten Re- habilitation und in der Praxis für Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie häufig mit Patienten zu tun, deren Sprachgebrauch gestört ist“, berichtet Franziska Veelemann. Sie ist für den Bereich Logopädie in der dem Kölner St. Marien-Hospital angeschlossenen Praxis verantwortlich. Zuvor hat sie auch im stationären Bereich des Krankenhauses gearbeitet. Häufig stehe für die Logopäden in der Frührehabilitation die Schluck- therapie an erster Stelle, berich- tet sie von ihren Erfahrungen. Im zweiten Schritt, oder bei weniger MIT LOGOPÄDIE GEGEN DEN SPRACHVERLUST

versuchen, therapeutisch über diese ‚guten‘ Bereiche die anderen Schritt für Schritt mitzunehmen“, so die Logopädin. Die besten Er- folge würden erzielt, wenn man mit Begriffen aus dem Lebensumfeld der Patienten arbeitet. „Anders als wenn man mit Kindern arbeitet, ist in unserem Bereich leider nicht immer alles reversi- bel. Dann ist es umso wichtiger, erreichbare und realistische Ziele zu definieren“, erklärt Veelemann. Nicht selten begleitet sie Patien- ten in der Praxis schon seit meh- reren Jahren. Grundsätzlich kann man sagen, je früher nach einem Schlaganfall die therapeutischen Maßnahmen beginnen, desto bes- ser sind die Chancen, dass sich bestimmte Funktionen wiederher- stellen lassen. (J.P./N.H.)

stark betroffenen Patienten, wird geschaut, in welcher Form und wie das Sprachzentrum, zum Bei- spiel nach einem Schlaganfall, be- einträchtigt ist. JE FRÜHER DIE THERAPIE BEGINNT, DESTO BESSER DIE HEILUNGS- AUSSICHTEN Individuell auf den einzelnen Pati- enten angepasst, wird dann über den Therapieansatz entschieden. Mal geht es um die Stimulation der am Sprechen beteiligten Muskula- tur und der Stimmbänder, mal um das Üben einzelner Vokale bis hin zu Worten und Sätzen. „Wir setzen dann an den Punkten an, die die Patienten am besten können und

Therapie mit Spielkarten

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Identität und Sprache Wie kommunizieren wir in den Einrichtungen der Cellitinnen zur hl. Maria?

W enn wir Bewohner, Patienten und Kolle- gen mögen, wenn sie ähnlich ticken und kommunizieren, dann läuft die Kommuni- kation häufig unproblematisch. Wenn es aber stres- sige Situationen gibt oder unsere Prägung und un- ser Verhalten sehr unterschiedlich sind, dann kann Kommunikation sehr problematisch sein. Denn eine Nachricht ist nicht nur eine Nachricht. Sie kann auf vier sehr unterschiedlichen Ebenen ausgesprochen und verstanden werden: der Sach- oder der Bezie- hungsebene, als Appell oder Selbstkundgabe (Vier- Seiten-Modell nach Friedemann Schulz von Thun) Hier ein Beispiel: Wenn ich sage: „Zu dem Termin brauchen Sie nicht zu kommen“, dann kann diese Nachricht verschiedene Bedeutungen haben und mein Gegenüber kann sie mit unterschiedlichen Oh- ren hören:

Ein beliebtes Beispiel ist auch das des Ehepaars im Auto, wo sie ihn – oder er sie – darauf hinweist, dass die Ampel auf Grün steht. Im besten Fall geht die Fahrt harmonisch weiter, im schlimmsten Fall ist das der Beginn eines handfesten Ehekrachs. RESPEKTVOLLE SPRACHE ALS BASIS DER ZUSAMMENARBEIT 8.849 Mitarbeiter aus 85 Nationen arbeiten in den Einrichtungen des Cellitinnenverbundes. Die wie- derum haben Kontakt zu einigen Tausend Patien- ten, Bewohnern, Angehörigen und Dienstleistern. Da alle auf verschiedenen Ebenen reden und hö- ren, bleiben Konflikte nicht aus. Da ist es gut, dass auch unsere Grundwerte den Mitarbeitern eine erste, grundsätzliche Orientierung für die Kommu- nikation geben. Wahrhaftigkeit • Wir stehen zu dem was wir sagen • Wir lästern nicht, sondern reden wertschätzend übereinander persönliche Zuwendung • Wir hören zu und versuchen einander zu verstehen

„Zu demTermin brauchen Sie nicht zu kommen.“

Beziehung

Sache

„Ich bin hier der Chef und kann Anordnungen erteilen.“ „Ich will dir einen unnötigen Termin ersparen.“ „Dafür hast du keine Expertise.“

Es geht um eine Sitzung

Dankbarkeit • Wir vergessen nicht, danke zu sagen

Allein die Orientierung reicht aber nicht. Eine pro- fessionelle Kommunikation muss erlernt werden. In unseren internen Fortbildungen bieten wir spe- zielle Kommunikationsseminare an. Das Thema Sprache und Kommunikation ist auch ein wichti- ger Bestandteil unserer Führungsseminare. Wenn die Kommunikation zu Problemen führt, braucht

Selbstkundgabe

Appell

„Ich brauche Sie/Ihre Expertise da nicht.“

„Kommen Sie nicht.“

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Beispiele aus den Seminarangeboten: • Kommunikation - direkt und auf Augenhöhe: Auseinandersetzung mit eigenen und fremden Bedürfnissen in einer Kommunikation und Einüben der gewaltfreien Kommunikation • Modulare Führungskräfteseminare „Neu als Führungskraft“ und „Werteo- rientierte Führung“ – Bedeutung der Kommunikation für die Führungsar- beit, Kennenlernen unterschiedlicher Kommunikationsmodelle und Ge- sprächsmethoden • Schwierige Gespräche führen – Refle- xion der eigenen und fremden Wahr- nehmung, Kennenlernen unterschied- licher Konflikttypen und Umgang mit Widerständen und Störungen • Supervision in schwierigen Ge- sprächssituationen – Hierbei geht es um die angeleitete Reflexion eigener Konzepte und Strategien und das Erlernen neuer Interventionsmöglich- keiten. • Modulare Führungskräfteseminare „Werteorientierte Führung“ – In Kon- flikten und Krisen führen: Die Teilneh- mer reflektieren das eigene Konflikt- verhalten, lernen unterschiedliche Konfliktarten kennen und üben, wie sie Konflikte ansprechen und auflösen Außerdem stellen wir viele konkrete kurze Anleitungen und Videos unter dem Begriff ‚#minimalinvasiv‘ im Mit- arbeiterportal der Krankenhäuser zur Verfügung. • Berufliche Anforderungen meistern mit Kommunikation

es viel psychologisches und rhetorisches Know- how, damit die Situation nicht aus dem Ruder läuft. Denn hinter vielen Konflikten stehen uner- füllte Bedürfnisse wie mangelnde Wertschätzung oder fehlende Anerkennung. Auch hierfür bieten wir spezielle Seminare an, wobei zur Basis einer gelungenen Kommunikation immer die Bereit- schaft zur Reflexion und das Üben der gelernten Techniken gehören. Und wenn der Konflikt bei allem Bemühen den- noch in Sprachlosigkeit mündet, bietet die Perso- nalentwicklung die Begleitung von einzelnen Mit- arbeitern und ganzen Teams an, um eine andere Kommunikation zu etablieren und Konflikte aufzu- lösen. Zum Teil helfen dabei auch externe Berater. GEWALTFREIE KOMMUNIKATION IN DEN EINRICHTUNGEN Wenn Patienten oder Bewohner mit demenziellen Veränderungen aggressiv werden oder die Mitar- beiter beleidigen, gilt es, vernünftig zu reagieren. Viele Pflegekräfte erleben in ihrem Arbeitsalltag mal einen solchen Moment, der sie an ihre Gren- zen bringt. Zum Schutz unserer Mitarbeiter bieten wir ihnen spezielle Trainings an, die ihnen helfen, in solchen Situationen einen kühlen Kopf zu be- wahren, sprachlich angemessen zu reagieren und sich Hilfe zu holen, wenn sie nicht mehr weiter- kommen. Umgekehrt kann verbale Gewalt auch von Mitarbeitern kommen, oft unbewusst oder unter Druck stehend. In verpflichtenden Fortbil- dungen schärfen wir das Bewusstsein dafür, Be- dürfnisse respektvoll wahrzunehmen, freundlich mit sich und anderen umzugehen sowie Wünsche zu erkennen und auszusprechen, um sprachlicher Gewalt zuvorzukommen. (A.K.)

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Fundament

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GeistReiches Sprechen

Das lange Pfingstwochenende verdanken wir einem Ereignis, das uns in der Apostelgeschichte des Neuen Testaments überliefert ist (Apg 2).

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D ie kleine Schar der Jün- ger war nach der brutalen Ermordung ihres Meisters immer noch verängstigt, aber ver- sammelte sich weiterhin hinter ver- schlossenen Türen, um ihres Herrn zu gedenken. Am jüdischen Pfingst- fest (Pentecoste) aber kommt der Heilige Geist Gottes über sie: Sie treten nach draußen und sprechen freimütig zu den Menschen, die aus „aller Herren Länder“ als Pilgertou- risten nach Jerusalem gekommen waren, von ihrer Erfahrung mit Je- sus. Das Pfingstwunder besteht nicht darin, dass die Jünger, die aus dem provinziellen Norden Israels, Galiläa, stammen, plötzlich alle gän- gigen Sprachen beherrschen, son- dern dass sie sich trotz aller sprach- lichen und kulturellen Unterschiede den unterschiedlichsten Menschen verständlich machen können. Das Pfingstereignis ist der schar- fe Kontrast zu einer anderen bib- lischen Erzählung, dem Turmbau zu Babel in der Hebräischen Bibel (Gen 11,1-9). Die Menschen wol- len aus Angst, sich über die Erde zu zerstreuen, einen Turm bauen als Symbol ihrer Einheit: „Ein Volk, ein Reich, ein (Götter-) Turm, eine Sprache“. Doch Gott zerstreut ihre Pläne, indem er die Vielzahl der Sprachen entstehen lässt, die Menschen sich nicht mehr ver- ständigen können und sie sich eben doch über die Erde verteilen.

Pfarrer Dr. Reiner Nieswandt leitet seit 2019 die Katholische Krankenhausseelsorge in Wup- pertal. Er hat unter anderem ge- schrieben: „Reißt diesen Tempel nieder – Anstöße für eine andere Kirche“ (2019) und „Befreit. Gott – von der Enge in die Weite“.

Es bleibt für uns Menschen eine stetige Versuchung, zu meinen, Einigkeit und Effizienz sei durch zentralisierte und streng geglie- derte Hierarchien, sprachliche und kulturelle Vereinheitlichung und Uniformität herzustellen. Natürlich braucht es in unseren Einrichtun- gen eine gemeinsame Sprache, um sich verständlich mitteilen zu können. Entscheidend aber ist der gute Geist der ‚Herzenssprache‘ in der gemeinsamen Arbeit, der uns

– auf dem reichen Hintergrund einer Vielzahl unterschiedlicher Muttersprachen und Dialekte, kul- tureller und persönlicher Identitä- ten und religiöser Bekenntnisse bei unseren Mitarbeitenden wie den von uns zu betreuenden Men- schen – so miteinander verbindet, dass wir mit unseren Einrichtun- gen in unsere Städte ausstrahlen und Außenstehende erkennen: Bei uns ist „der Mensch in guten Händen“. (R.N.)

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Ein Tag mit ...

Ethikreferentin Lisa Schüttler L isa Schüttler ist Referen- tin für Ethik und Medizin in der Hospitalvereinigung St. Marien. Als Medizinethikerin stellt sie sich unter anderem die Frage, welche Behandlung für einen Patienten mit Blick auf die Würde, das Selbstbestimmungs- recht, sowie die Fürsorge und Schadensvermeidung die beste wäre. Organisatorisch und in- haltlich unterstützt Schüttler das einrichtungsübergreifend arbei- tende Klinische Ethik-Komitee (KEK) und die Ethikteams der einzelnen Krankenhäuser vor Ort. (S.St.)

Der monatliche Jour fixe mit Stefan Dombert, dem Ge- schäftsführer der Hospitalvereinigung St. Marien, steht an. Heute geht es um den aktuellen Stand des Pro- jekts Patientenverfügung, die ethischen Handlungs- empfehlung zum Umgang mit knappen Ressourcen und um einen allgemeinen Überblick: Welche Themen stehen in den Ethik-Teams und im Ethik-Komitee an?

Nach der Besprechung beeilt sich die Medizinethi- kerin, die Einladung für die Fortbildung ‚Moderation Ethischer Fallbesprechun- gen‘ an die Kollegen auf den Weg zu bringen. Da sie viel in den Häusern unter- wegs ist, ist die Zeit im Büro sehr beschränkt und daher wertvoll.

Bevor Schüttler sich auf den Weg nach Ehrenfeld macht, schaut sie bei Wolfgang Allhorn, Leiter der Stabsstelle Kirchliche Unternehmenskultur, vorbei. Sie tauschen sich regelmäßig zu gesellschaftlichen Themen und deren Bezug zu Religion und Ethik aus.

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Mit der KVB geht es ins St. Franzis- kus-Hospital nach Köln-Ehrenfeld. Staus und hohe Spritpreise sind für Schüttler kein Thema. Sie legt alle Wege mit der Bahn oder dem Fahr- rad zurück.

Im Terminkalender steht das halbjährlich stattfin- dende Gespräch mit der Geschäftsführerin des Kölner St. Franziskus- Hospitals, Dagmar Okon, und dem Ethikkoordinator Martin Möller.

Iris Gehrke von der Unter- nehmenskommunikation, bespricht mit Schüttler Mög- lichkeiten, die Ethikteams und ihre Aufgaben im Kran- kenhaus bei Mitarbeitern, Patienten und Angehörigen noch bekannter zu machen.

Das Ethikteam trifft sich. Schüttler bringt neben den Ethik-Buttons einen Strauß an Ideen aus der Besprechung mit der Kollegin mit. Im Vordergrund stehen aber dring- liche ethische Fragen, die sich bei der Behandlung schwersterkrankter Patienten regelmäßig stellen. Ab 18:30 Uhrlässt die Ethikreferen- tin den Tag am liebsten mit Hund Leia am Rheinufer ausklingen.

Fotos: Ansgar Bolle, multimediadesign.net

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„Was ist es, das ich jetzt für dich tun kann?“ (Mk 10, 51)

Seelsor- ge bieten wir Patienten, An- und Zugehöri- gen und Mitarbeitern an, und zwar unabhängig von Weltsicht,

Neues Konzept der Kranken-

hausseelsorge in den Kölner Einrichtungen.

Sinndeutung, Glaube oder religiöser und kirchlicher Bindung. Unter Seelsorge verstehen wir die punktuelle oder längerfristige Begleitung von Menschen in Lebenssituationen, die ihnen zur Frage oder zur Krise werden. Dabei ist es un- ser Anliegen, sie darin zu unterstützen, die eige- nen im weitesten Sinne ‚spirituellen Kräfte‘ zu ak- tivieren, um Antwort auf die Fragen des eigenen Lebens zu finden oder eine Krise beispielsweise einer Krankheit zu bewältigen oder darin zurecht zu kommen. So ergänzt Seelsorge die medizini-

I n den letzten Jahren hat sich das Team der Krankenhausseelsorger neu aufgestellt und nun ein Update des Seelsorgekonzeptes vor- genommen. Damit geben wir Gewissheit und Ori- entierung nach innen und außen: Wer sind wir, wofür stehen wir, was ist von uns zu erwarten, worauf kann man sich bei uns verlassen und wo- mit braucht man bei uns auch nicht zu rechnen.

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sche, pflegerische und soziale Dimension um die geistlich-spirituelle Dimension zur ganzheitlichen Sorge um den Menschen, um gemeinsam für das Heilwerden tätig zu werden. Dabei binden wir uns in das System des Kranken- hauses ein, ohne aber Teil des Krankenhauses zu sein:Wir sind nicht im Krankenhaus angestellt, sondern im Auftrag des Erzbistums tätig. Dadurch haben wir eine Unabhängigkeit, zu der auch ge- hört, dass wir Schweigepflicht haben über das, was uns anvertraut wird. Seelsorge steht im Kontext des Gesundheitswe- sens als Anwalt des Menschen an den Schnittlini- en von Autonomie, Fürsorge, Gerechtigkeit, Pati- entenwohl und Schadensvermeidung. Sie schaut auf die Beziehungen und die Lebensgeschichte der ihr anvertrauten Personen. Das bedeutet konkret: In neuen, fremden oder belastenden Si- tuationen, besonders nach schweren Diagnosen, vor einer schwierigen Operation und in familiären oder beruflichen Krisen, tauchen grundlegende Fragen auf:Wer bin ich? Was ist der Sinn meines Lebens?Was trägt mich?Was wird mir jetzt wich- tig? Die Fragen nach Gott, Liebe, Schuld und Ver- gebung stellen sich auch in Krankheit und ihren Folgen und im Angesicht des nahenden Todes. Wir verstehen uns als Angebot im Sinne Jesu: „Was ist es, das ich jetzt für dich tun kann?“ (Mk 10, 51). Seelsorge ist und vollzieht sich beim Besuch in der liebevollen und absichtslosen Zuwendung. Sie nimmt den Menschen ernst, so wie er jetzt ist, mit aller Freude und Hoffnung, Trauer und Angst. So können sich im Gespräch, im ge- meinsamen Gebet, im Ritual, im miteinander Schweigen und Mitfühlen heilsame Prozesse entfalten.

Wir Seelsorger möchten auf diese Weise den Menschen helfen und damit Wege zur Heilung öffnen. Wir folgen damit dem Auftrag Jesu: „Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt ih- nen: das Reich Gottes ist nahe“ (Lk 10, 9). Und wir werden selbst zum Zeichen für Jesus Christus, der gekommen ist, die Kranken zu heilen, und der sagt. „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid“ (Mt 11, 28). Die Seelsorge ist motiviert von der Botschaft des Evangeliums, dass es eine Hoffnung für alle Menschen gibt, auch für jene, die ohne Aus- sicht auf Genesung sind. In jedem der vier Krankenhäuser gibt es in der Kernzeit einen Ansprechpartner der Seelsorge vor Ort. Darüber hinaus gewährleisten wir reih- um eine Rufbereitschaft. Dadurch ist die Seel- sorge montags bis freitags von 8:00 bis 20:00 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen von 8:00 bis 18:00 Uhr direkt oder über die Zentra- len erreichbar. Den priesterlichen Dienst (Krankensalbung, hl. Messe, Beichte) versieht der Krankenhaus- pfarrer und Teamleiter für alle vier Häuser. Die Krankensalbung ist nicht das Sakrament der Sterbenden, sondern der Kranken. Sie kann jeder ernsthaft Erkrankte empfangen. Wir sind bemüht, dass der Empfang der Krankensal- bung an jedem Tag der Woche möglich ist. Für die Spendung der Krankenkommunion, die Hilfe im Gebet, die Begleitung Sterbender und die Verabschiedung Verstorbener stehen alle aus demTeam bereit. In jedem der Krankenhäu- ser feiern wir wenigstens einmal pro Woche die hl. Messe. Die katholische Krankenhausseelsor- ge ist ökumenisch ausgerichtet. Sie kooperiert, wo möglich, mit Vertretern anderer Religionen. (U.H.)

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