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KOMPETENZ

KOMPETENZ

men. In der Gynäkologie und Geburtshilfe sind Ärztinnen mittlerweile klar in der Über- zahl. Wer da nicht mit flexib- len Angeboten aufwartet, hät- te große Schwierigkeiten, die Stellen überhaupt zu besetzen. Damit auch Frauen in jüngeren Jahren Führungspositionen anstreben, braucht es zudem Fürsprecher, die klar sagen: Ja, diese Position kann auch mit etwas weniger Stunden, also einer sogenannte ‚voll- zeitnahen Arbeitszeit‘, ausge- füllt werden. Wann machen vermeintlich spezifisch weibliche Kompeten- zen in der Medizin Sinn? Welz-Barth: Frauen gehen mit Patienten und auch mit Alltags- stress anders um. Sie haben einen anderen Blickwinkel. Dar- aus ergeben sich einige Vorteile für den Arbeitgeber. Kirn: Was ist weiblich, was ist männlich? Ein weites Feld. Ich finde speziell interessant, dass Untersuchungen zu teilzeittäti- gen Medizinern gezeigt haben, dass diese trotz niedrigerer Wo- chenstundenzahl genauso effi- zient wie eine Vollzeitkraft arbei- ten können. Sie sind motivierter, besser organisiert und seltener krank. Was raten Sie jungen Medizine- rinnen? Welz-Barth: Das Positive ist, die jetzige Generation hat vie- le Möglichkeiten – man muss nur etwas flexibel sein. Zum Beispiel was den Standort an- belangt. Grundsätzlich rate ich

Allerdings trauen sich manche nicht, diese Vorstellung bei ei- nem Bewerbungsgespräch klar zu kommunizieren und stecken dann beruflich während der Familiengründung zurück. Da- bei gibt es auch von Seiten der Politik viele gute Ideen, wie eine erfolgreiche Teilzeittätig- keit gestaltet werden kann. Ist die Vereinbarkeit von Fami- lie und Beruf nach wie vor nur Frauen besonders wichtig? Welz-Barth: Ich habe selbst Familie und habe früher auch in Teilzeit gearbeitet. Ich weiß, dass das möglich ist. Im Klinik- verbund St. Antonius und St. Josef haben wir viele verschie- dene Arbeitszeitmodelle – da gibt es zum Beispiel die Mutter von drei Kindern, die von 6:00 bis 13:00 Uhr arbeitet. Andere beginnen vielleicht um 10:00 und arbeiten bis 18:00 Uhr. In chirurgischen Fächern ist das natürlich schwierig, weil OP- Zeiten die Arbeitszeiten vorge- ben. In Fächern, die nicht ope- rieren, wie beispielsweise der Geriatrie, ist das aber umsetz- bar. Und: Immer mehr Männer nehmen heutzutage auch El- ternzeit. Das ist hier durchaus üblich. Kirn: Das ist definitiv ein The- ma – aber auch bei immer mehr Männern. Die Teilzeitquote bei den Ärzten in der Klinik steigt. In den schneidenden Fächern, gibt es auch Modelle, wie etwa einen Tag in der Woche frei, die dem Wunsch nach mehr Familienzeit oder auch Freizeit entgegen kommen.

allen Frauen, genaue Ziele zu definieren. Also, welcher Fach- bereich ist für meinen Karriere- weg der richtige? Was passt zu meiner Lebensvorstellung? Und dann finde ich auch den Arbeit- geber, der zu mir und meinem Lebensmodell passt. Kirn: Ich stimme zu, dass gut überlegte Ziele wichtig sind. Am Anfang der Berufstätigkeit ist es manchmal gar nicht so leicht, sich bewusst zu machen, was man will. Dabei können Rollenvorbilder oder Mentorinnen helfen.

INFO

Die Medizin wird weiblich! In den Cellitinnen-Krankenhäu- sern arbeiten zurzeit 823 Ärzte; immerhin 381 Frauen und 442 Männer. Im Praktischen (PJ) sind es 22 Frauen und 11 Männer. Der Trend ist eindeu- tig: In Zukunft werden die Frauen die Medizin dominieren.

Auch im OP haben Frauen immer mehr das Sagen, wie hier: Dr. Verena Kirn (hinten).

Priv.-Doz. Dr. Verena Kirn.

Haben sich im Krankenhaus die Hierarchien und Verhaltenswei- sen zum Beispiel von Chefärz- ten geändert, die Sie aus Ihrer Zeit als angehende Ärztin noch anders kennen? Welz-Barth: Natürlich haben wir einen Generationswechsel. Allerdings haben Hierarchien auch immer was mit Führung und Wertschätzung zu tun. Und das ist beides geschlechterun- abhängig. Dazu kommt aber auch das ‚Lernen am Modell‘. Chefs von heute haben nicht selten eben auch berufstätige Partnerinnen. Kirn: Es hat sich etwas geän- dert, ja. Doch die Bereitschaft, flexible Angebote bereitzu- stellen, ist von Führungskraft zu Führungskraft sehr unter- schiedlich und hängt auch mit der Stellensituation zusam-

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CellitinnenForum 03 | 2020

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