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KRANKENPFLEGE ZWI SCHEN MUT TERHAUS UND HOSP I TAL ( 1 87 1 –1 9 1 8 )
von einigen Freibetten, die das Hospital „unbe- mittelten“ Kranken zur Verfügung stellte, gab es damals drei bzw. vier Pflegeklassen – I., IIa. und IIb., sowie III. –, außerdem einen gesonderten Pflegesatz für Kinder. Der Tagessatz für Kinder und für Patienten III. Klasse betrug 1905 eine bzw. zwei Mark. Darin inbegriffen waren auch die Arzt kosten. Die Sätze für die Klassen IIa., IIb. und I., Privatpatienten, betrugen drei, vier und sechs Mark, allerdings exklusive der Arztkosten, die zu- sätzlich berechnet wurden. Während die Sätze für die ersten beiden Klassen die Kostenwohl deckten, waren die Sätze für die III. Klasse kaum ausrei- chend. Das Hospital klagte 1912 in einem Rück- blick, der Pflegesatz würde „bei weitem die Unkos ten für Verpflegung undBehandlung der Patienten (Medikamente, Verbandsstoff, Röntgen-Apparat, Ärztehonorar)“ nicht decken. Da die Mehrheit der Patienten zum Pflegesatz der III. Klasse versorgt wurde, drohten finanzielle Probleme. 1911 zum Beispiel wurden (neben eini- gen Nutzern von Freistellen) knapp 1.900 „Selbst- zahler“ versorgt, davon allein 1.750 zumPflegesatz der III. und nur 20 zum Pflegesatz der I. Klasse. Die Bilanz für das Geschäftsjahr 1911 wies ein kräftiges Minus auf, was nicht nur an den Pflege- sätzen lag. Das Hospital hatte als „Privatanstalt“ einen entscheidenden Nachteil gegenüber den städtischen Häusern, beispielsweise dem Kölner „Bürgerhospital“. Die städtischen Krankenanstal- ten kämpften zwar auch mit den knapp bemesse- nen Pflegesätzen. Aber während sie „in der glück- lichen Lage“ waren, „das Defizit durch Zuschüsse aus den Steuererträgnissen zu decken“, wie die Schwestern bemerkten, „sehen sich die Privatan- stalten andauernd gezwungen, die Wohltätigkeit der Mitbürger in Anspruch zu nehmen.“
GROS SE PL ÄNE
Die Modernisierung des Krankenhauses ging zü- gig voran – ab 1911 unter der ärztlichen Leitung von Dr. Dreesmann, der Dr. Pilgram nach mehr als 40-jähriger Tätigkeit für das Hospital abgelöst hatte. Neuer Leiter der Inneren Abteilung wurde Dr. Wolter, die Fachärzte Dr. Brauner (HNO) und Dr. Thelen (Haut- und Geschlechtskrankheiten) bekamen mit Augenarzt Dr. Kreuzberg einen wei- teren Kollegen. Hinzu kamen (Stand 1912) acht Assistenzärzte sowie neun Praktikanten, die das Hospital seit 1907 ausbilden durfte. Außerdem gab es einen gewählten Ausschuss, der die Krankenhausleitung und die Genossenschaft sachkundig beriet und sich (1912) aus den leiten- den Ärzten des Hospitals sowie Pfarrer Rossellen, Bürgermeister Dr. Krautwig, Stadtbauinspektor Kleefisch, dem Stadtrat Auer und dem Ökonomie- rat Contzen zusammensetzte. Die Pflege lag kom- plett in der Hand der Vinzentinerinnen. Neben den rund 30 Schwestern, vermutlich rund ein Drit- tel des Nippeser Ordens, kümmerten sich noch zwei Krankenpfleger um die Patienten. Die tägli che Regelarbeitszeit betrug 10 Stunden, aber im- merhin stand allen ein jährlicher 10- bis 14-tägi- ger Urlaub zu. Zunehmend erwies es sich als problematisch, dass das Mutterhaus des Ordens und das Hospital sich nach wie vor unter einemDach befanden und die Vinzentinerinnen von ihrem Zentralhaus aus nicht nur das Hospital, sondern die gesamte
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